Am Samstagnachmittag tritt der FC Bayern am 28. Bundesligaspieltag zum ersten Mal im neuen Stadion des SC Freiburg, dem Europa-Park-Stadion, an. Dieses ist nach dem Wegfall der Coronaregeln natürlich zum ersten in seiner noch jungen Geschichte mit 34.700 Zuschauern restlos ausverkauft. Die Vorfreude im Breisgau ist riesengroß. Übrigens auch beim Anhang des FCB, welcher die Gegebenheiten im Euro-Park-Stadion ganz anders als im alten „Dreisamstadion“ als günstig erachtet, um als „Auswärtsmacht“ aufzutreten. Das wäre sehr schön nach all der Kritik an den FCB-Fans in der jüngeren Vergangenheit.
Die Partie ist eine von zwei Spitzenspielen des Spieltags, in welchen es zum einen um die Meisterschaft, zum anderen um die Champions League Qualifikation geht: SC Freiburg vs. FCB – BVB vs. RB. Dabei ist weniger die Konstellation ganz oben überraschend als die Tatsache, dass der Tabellenfünfte Freiburg mit den punktgleichen Leipzigern auf Platz 4 um die CL-Qualifikation kämpft.
FC Bayern Total konzentriert sich aber ausschließlich auf das Spiel der beiden süddeutschen Kontrahenten. Hierzu ein Rückblick auf fast drei Jahrzehnte Fußballgeschichte zwischen dem Sportclub aus Freiburg und dem FC Bayern. Obwohl das Freiburger Publikum in der Bundesliga eigentlich als vorbildlich fair gilt, kam es trotzdem einmal fast zum Eklat bzw. Spielabbruch.
Wenn man sich die Bilanz der gesamten Spiele zwischen den beiden Vereinen seit dem ersten Bundesligaaufstieg der Freiburger im Jahr 1993 anschaut, dann kann man sich heute kaum vorstellen, dass der SC Freiburg anfangs so etwas wie ein „Angstgegner“ für den FC Bayern war: Von den 44 Pflichtspielen (43 BL, 1 Pokal) seit August 1993 gewann der FCB 31, neunmal spielte man unentschieden und nur viermal siegte der SCF. Gesamt-Torverhältnis: 103:36 für Bayern. Von den 22 Auswärtsspielen in Freiburg gewannen die Bayern 12, spielten sechsmal unentschieden und viermal gewann Freiburg. Torverhältnis: 44:23 für Bayern. Ihren höchsten Auswärtssieg im Breisgau erzielten die Bayern beim einzigen Pokalaufeinandertreffen der beiden Vereine: Am 2. März 2005 siegten die Münchner im Viertelfinale des DFB-Pokals mit 7:0, Claudio Pizarro traf dabei satte viermal.
Gehen wir aber chronologisch vor. Beim allerersten Bundesligaspiel seiner Historie musste der SC Freiburg am 7. August 1993 im Olympiastadion beim FC Bayern antreten. 58.000 Zuschauer erlebten einen 3:1-Sieg des FCB, bei dem Adolfo „El Tren“ Valencia mit zwei Toren einen glänzenden Einstand gab. Dagegen verloren die Bayern, die am Saisonende zum 13. Mal als Meister feststanden, zum Rückrundenauftakt (bereits am 27. November 1993!) ebenfalls mit 1:3 beim Aufsteiger. Ein gewisser Uwe Wassmer gilt seitdem in Freiburg als „Fußballheld“: Mit seinen drei Toren „erschoss“ er die Bayern damals im Alleingang.
Noch schlimmer erging es den Bayern am 2. Spieltag der Saison 1994/95: Der amtierende Deutsche Meister ging im Dreisamstadion mit 1:5 unter. Oliver Kahn hatte sich sein erstes Bundesliga-Auswärtsspiel mit dem FCB sicher ganz anders vorgestellt und kurz vor Spielende wurde der ebenfalls im Sommer 1994 verpflichtete ehemalige Weltklassestürmer Jean-Pierre Papin zu allem Überfluss auch noch mit Gelb-Rot vom Platz gestellt. Der SC Freiburg beendete damals die beste Saison seiner Vereinsgeschichte als sensationeller Tabellendritter – mit 46:22 Punkten lag man in der Abschlusstabelle lediglich drei Punkte hinter dem Meister Borussia Dortmund. Wiederum drei Punkte in der Tabelle hinter Freiburg fand sich der FCB zum Saisonfinale als Tabellen-Sechster wieder. Damit qualifizierten sich die Bayern nur knapp für die internationalen Plätze – aber wer ahnte am Ende der Saison 1994/95, dass dieser sechste Platz die Voraussetzung für einen grandiosen UEFA-Pokalsieg in der Folgesaison bedeuten würde?
Auch sein drittes Auswärtsspiel in Freiburg verlor der FC Bayern – dieses Mal wieder mit 1:3 (9. März 1996). Selbst als der FC Bayern in der Saison 1996/97 nach zweijähriger Abstinenz wieder Deutscher Meister wurde und Freiburg am Ende der Saison als Tabellen-Vorletzter zum ersten Mal in seiner Historie aus der Bundesliga abstieg, konnten die Münchner nicht in Freiburg gewinnen: 0:0 hieß es in der Hinrunde in Freiburg und überraschenderweise gelang dem späteren Meister FC Bayern auch im Rückspiel kein Sieg gegen die Breisgauer. Diese Partie des 31. Spieltags, dem 10. Mai 1997, ist vielen aber aus einem anderen Grund in Erinnerung geblieben. Als Bayern-Coach Giovanni Trapattoni in der 80. Minute seinen Starstürmer Jürgen Klinsmann gegen einen gewissen Carsten Lakies auswechselte, kam es zum berühmten Tritt in die Werbetonne des Sponsorenpartners Sanyo. https://www.welt.de/sport/fussball/article112428299/Der-beruehmteste-Tritt-von-Juergen-Klinsmann.html
Nach vier Jahren Bundesliga stieg der SC Freiburg im Frühjahr 1997 also zum ersten Mal aus dem Fußballoberhaus ab, schaffte aber etwas Erstaunliches: Er tut dies mit einer positiven Bilanz gegen den FCB, welcher in diesem Zeitraum zwar keine seiner Glanzzeiten erlebte, aber immerhin zweimal Deutscher Meister und einmal UEFA-Pokalsieger wurde: 3 Siege / 3 Unentschieden / 2 Niederlagen bei 14:10 Toren lautete die damalige Bilanz aus Freiburger Sicht.
Nach einem Jahr Bundesliga-Abwesenheit stiegen die Freiburger sofort wieder auf und erleiden am 12. September 1998 etwas, was in den Folgejahren „Normalität“ sein wird: Sie verlieren zum ersten Mal zu Hause gegen die Bayern, damals mit 0:2 durch Tore von Giovane Elber und Thomas Strunz.
Anderthalb Jahre später, am 12. April 2000, passierte etwas im Dreisamstadion, was man bis dahin den Freiburger Fans nicht ansatzweise zugetraut hätte: Aus Wut über den späten Siegtreffer der Bayern – Mehmet Scholl per Foulelfmeter in der 87. Minute – drehte ein damals 16-jähriger Schüler in der Fankurve durch und warf einen Golfball auf das Spielfeld, welcher Oliver Kahn an der Schläfe traf. Der Titan lag am Boden, tobte kurze Zeit später, holte – blutüberströmt aber geistesgegenwärtig – noch den von einem Freiburger Ordner schnell versteckten Golfball als „Beweisstück“, ließ sich behandeln. Kurze Zeit später haben die Bayern das Spiel mit 2:1 gewonnen, obwohl sie über 75 Minuten in Unterzahl spielen mussten (Rot gegen Sammy Kuffour).
Hier genauer nachzulesen:
http://www.spiegel.de/sport/fussball/golfball-attentat-schueler-war-der-taeter-a-72946.html
Über 19 Jahre nach dem dritten Heimsieg in Serie (am 9. März 1996) erzielen die Freiburger ihren insgesamt vierten Pflichtspielsieg gegen Bayern: Am 16. Mai 2015 erzielte dabei der ehemalige Bayernspieler Nils Petersen in der 89. Minute das 2:1 gegen die nach dem Champions League Halbfinal-Aus gegen Barcelona indisponierten Bayern von Pep Guardiola. Dies schien damals am 33. Spieltag die Rettung für den SC Freiburg – ein Trugschluss: Aufgrund einer Vielzahl an „unglücklichen Ergebnissen“ am letzten Spieltag der Saison 2014/15 musste der SC Freiburg doch noch in die 2. Liga absteigen.
Die letzten fünf Heimspiele (2017-2021) konnten die Freiburger nicht mehr gegen Bayern gewinnen. Mit einer Ausnahme (0:4 im März 2018) ging es aber immer äußerst knapp zu: Zwei Unentschieden – u.a. das 2:2 zum Ende der letzten Saison – und zweimal gewannen die Bayern erst durch Treffer in der 90. Minute. Auf Robert Lewandowski – standesgemäß für einen zweifachen Weltfußballer – war in diesen vier Partien jedes Mal Verlass: Er erzielte fünf wichtige Treffer.
Die Situation am Wochenende:
Gewinnt der FCB in Freiburg und kann der BVB im Abendspiel nicht mit einem Sieg gegen formstarke Leipziger Bullen nachlegen, dann bedeutet dies mehr als eine Vorentscheidung in der Deutschen Meisterschaft.
Gründe für einen „dezenten Optimismus“:
Die Bayern können Spitzenspiel und obwohl Freiburg zuletzt vor fast zwei Monaten verlor (0:1 in Köln am 5. Februar), läuft es bei der Mannschaft von Christian Streich nicht mehr ganz so rund wie in der Hinrunde. Ob der sich füllende FCB-Kader am Samstag schon ein Vorteil sein kann, muss sich erst noch herausstellen. Leon Goretzka und Alphonso Davies müssen z.B. erst wieder Spielpraxis gewinnen.
Tipp FC Bayern Total: 3:1 für Bayern.
Titelbild: Der FC Bayern feiert am 20. Mai 2017 beim 4:1 gegen den SC Freiburg seine 27. Meisterschaft. Die Legende(n) Philipp Lahm (und Xabi Alonso) wird (werden) verabschiedet. In der Halbzeitpause gibt es Ärger um den Auftritt von Anastacia.

Freiburg – FC Bayern 0-3.
Gratulation, die Tipprunde geht an dich – richtiger Torabstand. Bis zur 96. Minute war es bei mir noch eine “Punktlandung”, dann kam “Sabi” (Nagelsmann) … freut mich für ihn … und für dich 🙂
Ok, ich nehme den Punkt gerne an:). Danke.