In Ermangelung eines gesunden Langzeitgedächtnisses beginne ich den Spielbericht mal nicht mit einem „…nach Spanien fahren viele Europäer…“. Diesen Einstieg haben wir in den Vorjahren sicher schon mal verbraten. Nach Villarreal fährt man ehrlicherweise aber ohnehin nur wegen Keramik oder eben Fußball.
War es ein Wunschlos? Sportlich klang es sehr machbar, man war seit 11 Jahren nicht mehr hier. Zwei große Argumente auf der Pro-Seite. Gleichzeitig hat man in Spanien immer das Damoklesschwert eines eskalierenden Bulleneinsatzes über sich hängen und die Anreisemöglichkeiten sind zumindest etwas begrenzt. Glücklicherweise durften wir zuerst auswärts ran, weshalb zumindest die Flüge über die typischen Touridestinationen noch sehr günstig waren, bevor die Preise in den Ferien dann wieder anziehen.
Der Spieltag selbst gestaltete sich erfreulich entspannt. Die meisten kamen eher spät in Villarreal an und relaxten an ein paar Kneipen in Laufweite zum Stadion. Das Signal zum Aufbruch kam für unsere Verhältnisse relativ spät, aber bei lediglich 500 Meter Fußweg schaffen es sogar wir mal ohne den bayerntypischen Puffer ganz entspannt aufzubrechen. Nach über zwei Jahren fühlte sich dann selbst dieser kurze Marsch einfach nur grandios an. Weit fort von daheim und plötzlich singen da hunderte Kehlen die Lieder deines Vereins durch die Gassen einer fremden Stadt. Das ist auch nach vielen Jahren immer noch ein schwer zu beschreibendes Gefühl und wir sollten uns bewusst sein, dass es jedes Mal ein Privileg ist, so etwas erleben zu dürfen.
Wie so häufig wurde die Freude am Einlass dann schnell getrübt. Für spanische Verhältnisse zwar alles wirklich noch human, aber die Dummheit mancher Bullen sprang einem schon wieder ins Gesicht. Zumindest sahen sie es ein, dass es sinnlos gewesen wäre, wegen den Längenvorgaben bei der Zaunfahne rumzukacken. Also den Adonis-Körper über 200 Stufen nach oben gehievt und erstmal die Aussicht genossen. Das Stadion ist schon ein Schmuckstück. Traumhafte Lage mit einem knappen Dutzend Kneipen quasi direkt vor der Haustür. Über den Gästeblock kann man natürlich geteilter Meinung sein. Die Sicht ist von Vornherein etwas eingeschränkt, aber an sich schon ein charmantes Teil wie es uns auf unseren europäischen Abenteuern nur noch selten begegnet.
Wir Fans machten dann auch das Beste aus den Bedingungen. Keine Trommel, direkt vor Nase eine Plexiglaswand und nicht mal ein Megafon, um wenigstens ein bisschen koordinieren zu können. Da braucht es dann eine kräftige Vorsängerstimme und eine angepasste Liederpalette. Beides war vorhanden und mit einem motivierten Block im Rücken wurde es doch einige Male schön laut, auch wenn auf dem Spielfeld vermutlich wenig davon ankam.


Dabei hätten es unsere Männer da unten an diesem Mittwoch ganz besonders gebrauchen können. Früher Rückstand, zwar bemüht, am Ende aber doch viel zu harmlos und mit Glück, dass die Spanier sogar gleich mehrere Großchancen liegen ließen.
Ebenso wenig wie unsere Gesänge den Spielern nochmal zusätzliche Kraft geben konnten, kam vermutlich die Message von MRP auf den anderen Tribünen an. Die utopischen Eintrittspreise von 70 Euro wurden moniert, während man sich auf Heimseite mit Jahreskarten- und Mitgliederrabatt (man muss fairerweise sagen, dass es bei uns auch beides gibt, während wir von den Gästen wesentlich höhere Preise fordern) mal wieder für einen richtig kleinen Taler mit Eintrittskarten eindecken konnte.
Nun ja, Preis und Ergebnis dämpften diese erste europäische Nacht mit voller Kapelle also ein wenig. Nichtdestotrotz war es ein gutes Gefühl auch europäisch wieder mit allen bekannten Nasen unterwegs zu sein.