Scharfe Fankritik: Kimmich wie einst Effenberg

Kommentar von Petersgradmesser

Wenn der FC Bayern aufgrund seiner meist großen Spieldominanz einen sehr zahlreichen Eckbälle oder Freistöße zugesprochen bekommt, setzt bei Heimspielen und wohl auch an den Bildschirmen zuhause unter den eigenen Fans ein fast schon verzweifeltes Murren ein: Egal wo er sich gerade auf dem Spielfeld befindet, Joshua Kimmich trabt ganz gemächlich zum Ort des Geschehens. Ausschließlich der ehrgeizige Sechser des FCB scheint im Team auserkoren, diese Standards auszuführen.

Oft muss man sich wundern, dass ihn bislang kein einziger Schiedsrichter ernsthaft ermahnt oder sogar verwarnt hat, dass er sich speziell bei Eckbällen mit einer fast schon arrogant wirkenden Langsamkeit der Eckfahne nähert. Damit nervt der Josh sogar viele eigene Fans. Was aber dann noch viel mehr nervt, ist die Eintönigkeit, die scheinbare Harmlosigkeit seiner Flanken – ob bei Eckbällen oder bei Freistößen aus dem Halbfeld. Ohne Speed und Schnitt werden die Bälle in den Sechzehner geschaufelt – immer und immer wieder. Manchmal kürzer, manchmal etwas länger, aber aufgrund der Art der Ausführung meist völlig harmlos und kinderleicht zu verteidigen. Dabei hätten die Bayern durchaus gute Kopfballspieler …

Haben die Bayern tatsächlich keine Alternative zu Kimmich? Zugegeben: Die Flanken der Herren Pavard, Davies, Coman, Sané, Gnabry etc. aus dem Spiel heraus sind auch nicht die allerfeinsten. Aber ein Sané – nicht als Kopfballungeheuer bekannt – hat eine sehr gute Freistoßtechnik, warum nicht auch einmal Flanken und Ecken mit seinem speziellen Effet? Der King hat beim französischen Vizeweltmeister zum Teil die Ecken in den Strafraum gebracht. Nur ein klein bisschen Abwechslung. Derzeit ist die größte Chance auf einen Torerfolg nach Kimmich-Ecke, dass der Gegner ob der Eintönigkeit ein Nickerchen hält … leider aber nicht sehr wahrscheinlich.

Interessanterweise gab es so eine Phase beim FCB schon einmal: Beim zweiten Engagement von Stefan Chefe Effenberg von 1998 bis 2002. Speziell nach dem Rauswurf von Mario Basler im Herbst 1999 waren seine geschaufelten Freistöße aus dem Halbfeld Programm in einer durchaus sehr erfolgreichen FCB-Ära. Die Fans zuhause und im Stadion haben ebenfalls gemurrt und mit dem Kopf geschüttelt, so wenig Torgefahr ging von Effes Freistößen aus. Aber er schoss damals zumindest keine Ecken bzw. jede Ecke seines Teams.

Egal warum der Effe das vier Jahre lang bei Hitzfelds Bayern fast ausschließlich erfolglos machen durfte, Nagelsmanns Bayern könnten das JETZT doch noch ändern. Zur Beruhigung der Nerven der Fans, aber viel mehr noch deswegen, weil eine Ecke, ein Freistoß eigentlich eine potentiell gute Chance ist, um Tore zu erzielen, gerade wenn man davon so massenhaft wie der FCB zugesprochen bekommt.

Dies ist ein Beitrag, auf welchen ich – ganz ungewohnt – überhaupt keinen Widerspruch erwarte. Warum wohl? 😉


Update 27.01.2023

Es tut sich etwas, wenn auch nur marginal. 😉

Wie oft habe ich mir gedacht: Hättest du eine Akkreditierung für die PK beim FCB, würdest du den Trainer auf die Standards (Standardschwäche bzw. -eintönigkeit) ansprechen. Und heute wurde diese Frage auf der Spieltags-PK doch tatsächlich gestellt – allerdings ganz offensichtlich nicht mit dem notwendigen Nachdruck, denn Julian Nagelsmann hat sich mit Allgemeinfloskeln aus der Umklammerung befreien können:

Es sind unterschiedliche Dinge. Einmal verteidigt der Gegner ganz gut oder wir müssen mit mehr Dynamik in die Aktion laufen. Wir haben nicht allzu viel Zeit, um Standards zu trainieren, zusätzlich ist dies nun im Winter schwierig, weil man bei den Erklärungen viel steht. Es ist immer ein Zusammenspiel zwischen Schützen und einlaufendem Spieler und es ist entscheidend, in welcher Dynamik, Power und Gier ich einlaufe. Ja, wir müssen in der absoluten Zahl zulegen. Standardsituationen können für die Gegner auch ein Mittel gegen uns sein. Da müssen wir besser werden.“

Namen nannte der Julian nicht. Aussichten auf Besserungen dürften daher eher gering sein.

Veröffentlicht von fcbayerntotal

Admin und Autor von FC Bayern Total

3 Kommentare zu „Scharfe Fankritik: Kimmich wie einst Effenberg

  1. Du hast durchaus recht:
    Du erwähntest nicht, dass vor dem jeweiligen Schuss normalerweise der Josh seinen Arm immer hochreckt (genauso wie Manu mit seinem “Reklamierarm” auf der anderen Seite) und danach kommt sein Schuss mal so oder so oder so… 😉

    1. Jetzt dachte ich schon, du bemerkst, dass der Effe das genauso (mit dem Arm) gemacht hat … ich kann mich aber nur daran erinnern, dass er sich vorher immer an diese Nase gefasst hat 😉

      1. Effe habe ich damals leider nicht regelmässig spielen sehen können, weil es hier in Namibia noch keine Livestreams von der BuLi gab.
        Was ich eigentlich meinte ist: die Erfolgsrate von Josh bei Ecken ist mittlerweile wirklich bescheiden. Vielleicht helfen seine Gestik und sein “Monopol” dem Gegner tatsächlich mehr, weil das “Ritual” irgendwann berechenbar wird.
        Neulich habe ich jedoch ein Video von der neuen (programmierbaren) Trainingsmauer gesehen: Die Abwehrspieler können springen und das kann auch eingestellt werden…

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