Das größte Comeback der FCB-Europapokalgeschichte

Heute vor acht Jahren, am 16. März 2016, gelang dem FC Bayern das bislang größte Comeback in seiner über 57-jährigen Europapokalgeschichte. Es war das Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League gegen Juventus Turin. Spannend hatten es die Bayern schon drei Wochen zuvor in Turin gemacht: Nachdem sie den italienischen Rekordmeister 60 Minuten lang in dessen Wohnzimmer schwindelig gespielt hatten und hochverdient durch Tore von Thomas Müller und Arjen Robben mit 2:0 geführt hatten, gerieten sie in der letzten halben Stunde zunehmend in Schwierigkeiten und mussten sich nach einem dramatischen Spiel mit einem 2:2 zufrieden geben. Niemand ahnte, dass das Rückspiel diese Dramatik noch weit toppen würde.

Nach der überlegenen ersten Stunde in Turin, aber auch in der Gewissheit, dass die Alte Dame international so etwas wie der Lieblingsgegner des FCB in den Jahren zuvor gewesen war (0:0; 4:1; 2:0; 2:0), gingen die Bayern als Favorit und vielleicht zu selbstsicher und sorglos in die Partie in der Münchner Allianz Arena – und mussten bereits nach fünf Minuten nach einem fürchterlichen Alaba-Lapsus die Quittung zahlen: 0:1 durch Paul Pogba. In der Folgezeit hatten die Bayern zwar viel mehr Ballbesitz und Torschüsse, aber Juve die klar besseren Torchancen. Dass es zur Halbzeit nur 0:2 durch Juan Cuadrado stand, war eher für die Bayern als die Norditaliener schmeichelhaft.

Auch zu Beginn der 2. Halbzeit änderte sich daran nicht viel – optisch überlegene Bayern, Juve mit den Großchancen. Erst nach 60, 65 Minuten änderte sich das Spielgeschehen merklich. Nicht, dass Bayern plötzlich turmhoch überlegen zu Torchancen kaum – nein, die Spieler der Alten Dame machten dem Spitznamen des Vereins immer mehr Ehre: Sie wurden kollektiv müder.

Als Robert Lewandowski in der 73. Minute per Kopfball zum 1:2 traf, schöpften die Bayern wieder Hoffnung. Die Münchner Arena verwandelte sich in ein Tollhaus. Nun rollte Angriff auf Angriff auf das Juve-Tor und in der beginnenden Nachspielzeit wurde der FCB-Sturmlauf belohnt. Thomas Müller erzielte ebenfalls per Kopf aus fast derselben Position wie Lewandowski nach schöner Coman-Flanke den vielumjubelten Ausgleichstreffer zum 2:2. Verlängerung.

In der ersten Halbzeit der Verlängerung waren die Bayern weiterhin überlegen, Juve hatte sich jedoch wieder gefangen. In der zweiten Hälfte ließen die Einwechselspieler Thiago und Kingsley Coman mit einem Doppelpack (108; 110.) die FCB-Fans schier ausflippen. Noch ein paar brenzlige Situationen im eigenen Strafraum mussten überstanden werden und dann ging alles im frenetischen kollektiven Jubel nach dem Schlusspfiff unter: 4:2 nach 0:2. Diesen brutalen Rückstand in lediglich 37 Minuten in eine entscheidende Führung umgewandelt – und das bei diesem international hochkarätigen Gegner! (Juventus stand im Jahr zuvor im Champions League Finale in Berlin gegen Barcelona). Bis heute einmalig in der glorreichen Europapokal-Historie des FC Bayern!

In der Europapokalgeschichte des FCB gab es mehrere überragende Comebacks, aber nie in diesem Maße in einem, dem entscheidenden (Rückspiel-)Spiel.

1974: Im Hinspiel des Achtelfinals im Landesmeistercup 1974/75 liegt der Titelverteidiger gegen den Europapokalsieger der Pokalsieger, den FC Magdeburg, zur Halbzeit mit 0:2 zurück, dreht das Spiel im Olympiastadion aber komplett und gewinnt mit 3:2. Das Rückspiel im deutschen Prestigeduell in Magdeburg gewannen die Bayern ebenfalls – mit 2:1.

1982: Im Halbfinal-Hinspiel des Landesmeistercups 1981/82 liegen die Bayern in Sofia sehr früh bei ZSKA mit 0:3 in Rückstand, kommen auf 2:3 heran, 2:4, Endstand 3:4. Im Rückspiel lassen die Münchner dem damaligen bulgarischen Serienmeister beim 4:0 keine Chance. Gesamtscore 7:4 nach frühem 0:3 – trotzdem war es insgesamt nie so dramatisch wie gegen Juve.

1988: Achtelfinale UEFA-Pokal 1988/89: Nach dem 0:2 zuhause gegen Inter Mailand mit Matthäus und Brehme setzt niemand mehr einen Pfifferling auf die Bayern. Die zeigen sich aber vor der Halbzeit in San Siro gnadenlos effektiv, gehen schnell mit 3:0 in Führung. Der Inter-Anschlusstreffer zum 1:3 fällt noch vor der Halbzeit. Nach einer wahren Abwehrschlacht schaffen Aumann & Co. das Weiterkommen per Auswärtstorregel im sog. Wunder von Mailand.

2015: Champions League Viertelfinale 2014/15 – nach einem ernüchternden 1:3 beim FC Porto überrollen die Bayern den damaligen portugiesischen Meister im Rückspiel bereits in der 1. Halbzeit – 5:0. Am Ende stand ein viel umjubeltes 6:1 auf der Anzeigentafel.

Vier beeindruckende Comebacks – aber keines konnte in der dramatischen Abfolge mit dem Sieg nach Verlängerung gegen Juve mithalten.


Titelbild: Die FCB-Torschützen in der Verlängerung: Thiago bejubelt den King nach dessen Treffer zum 4:2.

Veröffentlicht von fcbayerntotal

Admin und Autor von FC Bayern Total

3 Kommentare zu „Das größte Comeback der FCB-Europapokalgeschichte

  1. An das Spiel kann ich mich noch erinnern, ich war dem Herzkasper nahe, hoch dramatisch bis zum Schluß, aber dann doch verdient gewonnen

  2. Auf der FB-Seite von FC Bayern Total wurden zwei weitere Spiele für das größte „FCB-Comeback der EC-Geschichte“ genannt: Das 3:3 im UEFA-Cup-VF 2008 in Getafe und das 2:3 nach 0:3-Rückstand in Old Trafford 2010 im CL-VF 2010 mit dem sensationellen Robben-Tor.
    Danke für die Rückmeldungen.

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