Der FCB-Maulwurf – unsäglich, geduldet oder sogar erwünscht?

Kommentar von Petersgradmesser

Es ist seit Jahrzehnten nichts Neues beim FC Bayern, dass unter anderem auch brisante Internas nach außen getragen werden. In dieser Saison erreicht diese Unsitte jedoch einen traurigen Höhepunkt, eine nahezu inflationäre Anzahl an Informationen, die einzig und allein die Klubverantwortlichen und / oder Spieler und Trainer wissen sollten, wurden den Boulevardmedien zugesteckt. Ex-FCB-Spieler wie Lothar Matthäus brüsten sich, dass sie im Verein beste Quellen hätten und sogar mehr wüssten als FCB-Vorstände.

Für Außenstehende, die sich nicht an Sensationsmeldungen … schwierig hier das richtige sittenkonforme Verb zu finden 😉 … möchten und stattdessen Sympathien für den Verein als Anhänger oder gar Mitglied hegen und deshalb besorgt sind, ist diese Situation nur schwer zu begreifen. Selbst wenn sich der Verein vor 40 Jahren durch die Einstellung des BILD-Journalisten Markus Hörwick als ersten Pressesprecher im deutschen Profifußball dem Boulevard bedenklich weit öffnete, ist die aktuelle Situation eine neue Dimension.

Taktische Trainervorgaben aus der Kabine – Nagelsmann vor dem Bochum-BL-Heimspiel – werden durchgesteckt, höchst sensible Personalentscheidungen, die noch im Entwicklungsprozess stecken, der Öffentlichkeit kundgetan. Es sind Informationen aus unterschiedlichen Bereichen, die auf zahlreiche Maulwürfe im Verein schließen lassen. Und je mehr über dieses aus Vereinssicht ungute Thema diskutiert wird, umso rasanter kommen weitere brisante Meldungen zu früh und ungeniert in den medialen Umlauf.

Was ist da los? Stört das tatsächlich im Verein niemanden (mehr)? Der oben erwähnte Hörwick gab im September 2015 in einem Telefonat mit dem Autor des Beitrags zum Besten, dass “der FC Bayern polarisiert” (wusste ich vorher nicht! 😉 ) und zwar in dem Kontext, dass man nichts gegen verleumderische Medienbeiträge machen könne und werde. Das fand ich damals schon abenteuerlich, habe es aber nicht als Ermutigung zu vermehrten “Maulwurftätigkeiten” empfunden.

Ist aktuell im Verein tatsächlich so viel Unzufriedenheit, dass sich eine Vielzahl der Mitarbeiter offensichtlich auf allen Ebenen – möglich vom Reinigungspersonal bis zu den Aufsichtsräten – am Bruch von seriösen Verhaltenskodizes beteiligt? Und keiner von ihnen muss Sanktionen befürchten? Irgendwie erschreckend.

Es ist nicht auszuschließen, dass der Inhalt dieses Beitrags völlig an der Realität des FC Bayern vorbei geht – der Autor hat definitiv keinen eigenen Maulwurf an der Säbener Straße – aber die Vermutung liegt nahe, dass dem leider nicht so ist!

Ein langjähriges Mitglied und noch viel längerer großer Fan des Vereins ist in größter Sorge.


Update 07.05.2023

Nicht dass es nur ansatzweise eine Überraschung wäre, dass aber nun der BILD-Fußballchef Christian Falk in seinem Podcast “Bayern Insider” sogar damit prahlt, dass er beim FCB ein ganzes Netzwerk an Maulwürfen hat, ist schon besonders dreist.

Falks Wortlaut: “Es ist nicht nur einer. Es sitzt nicht nur ein Maulwurf in er Kabine. Wir sind da schon besser vernetzt.” Und zwar wie zu erwarten aus den Spielerkreisen und aus der Führungsetage.

Interessant dazu die Meinung vom Ex-FCB-Spieler Stefan Effenberg. Für ihn kommen 30 bis 40 Personen im engeren Umfeld der Mannschaft und sogar 500 bis 1000 Leute im ganzen Klub als Maulwürfe in Frage. “Und dass da mal etwas durchsickert, ist dann gar nicht mehr so unwahrscheinlich.

Stimmt. Trotzdem muss der Verein dagegen etwas machen – und sehr schnell ein Exempel statuieren. Persönlich wüsste ich auch sofort, mit wem ich anfangen würde …

Dazu auch “Hexenkessel FC Bayern” – wer ist der große “Maulwurf”? – FC Bayern Total


Update 05.06.2023

Natürlich wird es beim FC Bayern immer den einen oder anderen Maulwurf geben, aber was in der Saison 2022/23 abgelaufen ist, war selbst für FC Hollywood-Verhältnisse nicht normal.

Wird sich durch den Führungswechsel Kahn – Dreesen daran etwas ändern? Die Hoffnung besteht durchaus. Auf der anderen Seite: Was wäre das für eine Vorgehensweise von unzufriedenen Angestellten, die durch Sabotageakte – und anders kann man diese massiven Maulwurfattacken nicht bezeichnen – auf Missstände aufmerksam machen? Oder ist es nun am Ende gar so: Der Erfolg heiligt die Mittel?

Es wäre definitiv keine Überraschung, wenn sich die Maulwurf-Vorfälle kurzfristig extrem verringern würden. Trotzdem muss der Verein auch unter dem beliebteren Dreesen ein sehr wachsames Auge darauf haben. Auch Julian Nagelsmann war im Februar (taktische Ausrichtung vor dem Bochum-Heimspiel) ein Opfer eines Maulwurfs an der Säbener Straße. Ein Mitarbeiter, der irgendeine persönliche Wut auf den Ex-Coach hatte? Kann so etwas Tuchel auch schnell drohen? Rein spekulativ. Aber im Fall des Falles absolut ein Grund für eine fristlose Kündigung. Im Schadensfall kann ja die BILD für eine Entschädigung von entlassenen Maulwürfen aufkommen…

Nach Chaos-Saison: Beendet der “super Typ” Dreesen das “Kapitel FC Hollywood” wieder? – FC Bayern Total

2 Kommentare zu „Der FCB-Maulwurf – unsäglich, geduldet oder sogar erwünscht?

  1. Du hast recht, dieses ständige Durchstechen von internen Informationen erinnert an politische Parteien (und zwar an solche, die eher mit dem Beiwort “chaotisch” betitelt werden).

    Aber vielleicht braucht es das. Der FC Bayern war auch früher keine Insel der Seeligen. Als die “großen Drei”, Beckenbauer, Rummenigge uind Hoeness noch gemeinsam das Sagen hatten, gab es wohl auch erbitterte Positionskämpfe.

    Toni Tapalovic, Neuer-Interview, Nagelsmann-Bild-Journalistin, Nagelsmann-Aus, Tuchel bedankt sich bei Uli Hoeness, jetzt der Angriff auf Kahn .. das reinigende Gewitter wird kommen. Und offensichtlich geht es nicht mehr ohne.

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