Am 24. April 1991 traten die Bayern zum Halbfinal-Rückspiel im Europapokal der Landesmeister bei Roter Stern Belgrad an. Sie reisten mit der Hypothek einer 1:2-Heimniederlage in die jugoslawische Hauptstadt. Die wenigen mitgereisten FCB-Fans sahen sich ihrerseits mit einer bedrohlichen Kulisse von 80.000 extrem fanatischen Roter-Stern-Fans konfrontiert – dazu mehr später im Beitrag.
Wie häufig nach einer – in diesem Fall sogar gewonnenen – WM spielten die Bayern keine besonders gute Saison. Im Pokal war man bereits in der 1. Runde in Weinheim(!) ausgeschieden, in der Meisterschaft hinkte man Kaiserslautern hinterher. Der Fokus der Heynckes-Truppe lag am Saisonende auf dem Landesmeistercup. In die Halbfinalduelle mit Belgrad war man als Favorit gegangen, die Heimniederlage war ein echter Dämpfer. Und auch das Rückspiel begann wenig verheißungsvoll – die Serben führten zur Halbzeit mit 1:0 durch Mihajlovic.
Vor dem Spiel war schon klar, dass die Bayern zum Weiterkommen ins Finale mindestens zwei Tore schießen mussten. Und das taten sie dann auch Mitte der 2. Halbzeit: 1:1 durch den Weltmeister Klaus Augenthaler (62.), 1:2 durch den gebürtigen Münchner Manni Bender (66.). Anschließend wogte das Spiel hin und her, man stellte sich schon auf eine Verlängerung, aber dann …
Bei einer eigentlich harmlosen Hereingabe in den FCB-Strafraum in der 90. Minute schlug der Auge eine hohe Kerze, die sich genau ins FCB-Tor senkte. Grundsätzlich keine schwere Aufgabe für den bayerischen Keeper Raimond Aumann, aber der hatte in jener Szene einen klassischen Blackout. Anstelle den Ball zu fangen oder zumindest über die Latte zu lenken, klatschte sich der damals 27-Jährige den Ball ins eigene Tor. Fassungslosigkeit bei den Bayern – kurz danach war das Spiel beendet, Roter Stern im Finale, die Bayern im Tal der Tränen.
Viele viele Jahre später hatte ich das Vergnügen, mich mit Bayernfans zu unterhalten, die damals in Belgrad im Stadion waren. Wie zu Beginn erwähnt, waren es ausgesprochen wenige – definitiv nur die hartgesottensten, viele von ihnen Hooligans. Diese verbrachten einen Horrortag in Belgrad – in der Stadt, vor dem Stadion und natürlich auch im Stadion. Ich kann mich noch daran erinnern, dass mir erzählt wurde, dass man nie vorher oder auch nachher wieder so viele “Verbrecher” in einem Stadion gesehen hatte wie an jenem Abend in Belgrad! Die an vieles gewohnten FCB-Hooligans waren am Ende sogar froh, dass Bayern nicht weitergekommen ist, weil man sonst befürchtet hätte, nicht mehr lebend aus dem Stadion und der Stadt Belgrad heraus zu kommen.
Somit hatte dieses desaströse Eigentor letztendlich auch noch etwas Gutes – das wusste ich als grenzenlos enttäuschter Fan am TV-Gerät aber noch nicht.
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Titelbild: Von jener Schlacht in Belgrad steht FC Bayern Total leider kein Bild zur Verfügung. Über 28 Jahre später revanchierten sich die Bayern jedoch in der Gruppenphase der Sextupel-Saison und besiegten Roter Stern in der heimischen Arena im September 2019 mit 3:0. Die knallharte Revanche gab es aber erst ein paar Wochen später in Belgrad: 6:0 – die höchste Europapokal-Heimniederlage in der Geschichte des Landesmeistercup-Siegers von 1991!