Am 4. Mai 1997 trat der FC Bayern als Tabellenführer am 30. BL-Spieltag beim Lokalrivalen TSV 1860 vor 69.000 Zuschauern im Münchner Olympiastadion an. Das Meisterschaftsrennen gegen Bayer Leverkusen war sehr eng und das Derby wie jedes einzelne in jener Periode extrem heiß.
In der 1. Halbzeit kamen die Bayern an jenem sonnendurchfluteten Sonntag-Frühabend überhaupt nicht ins Spiel. Der stets gegen den FCB hochmotivierte und gut aufspielende Horst Heldt brachte die Löwen mit einem Doppelschlag (15.; 18. Elfmeter im Nachschuss) 2:0 in Führung. Von den Bayern, bei welchen u.a. die heutigen Dauerbesserwisser Matthäus, Babbel, Hamann und Strunz auf dem Feld standen, kam lange Zeit nichts, gar nichts. Hoffnung gab aber der blitzsaubere Anschlusstreffer von Jürgen Klinsmann fast mit dem Halbzeitpfiff.
Trapattoni wechselte in der Halbzeit Mehmet Scholl für den blassen Hamann ein und der glich in der 57. Minute zum viel umjubelten 2:2 aus. Auch wenn es ein Sechzig-Heimspiel war, kamen zu diesen Derbys immer mindestens doppelt so viele Rote wie Blaue ins Stadion, welche allerdings durch ihren Fanatismus stimmungstechnisch immer einiges wett machten.
Nun nahm das Spiel so richtig Fahrt, Feuer, Dramatik auf … SR Weber, der damals inflationär viele Karten – vor allem für die Bayern – verteilte, stellte Christian Ziege per Ampelkarte vom Platz (71.). Gut zehn Minuten später jubelten die Blauen nach einem sensationellen Schlenzer von Jörg Böhme – mit dem linken Außenrist von der rechten Strafraumkante ins lange Ecke von Oliver Kahn, der nicht die geringste Chance hatte.
Kurz darauf musste auch Lothar Matthäus mit Gelb-Rot das Feld verlassen. In doppelter Unterzahl einen Rückstand gegen höchstmotivierte Löwen aufholen – unmöglich? NEIN.
In der 88. Minute setzte sich der zwanzig Minuten zuvor für Klinsmann eingewechselte Carsten Jancker robust gegen die gesamte Löwen-Defensive durch und erzielte das 3:3. Die Bayernfans im Stadion explodierten und verspotteten den blauen Lokalrivalen. Der war zu perplex, als dass er selbst in doppelter Überzahl noch einmal zurückschlagen konnte.
Am Saisonende wurde der FCB mit ganzen zwei Punkten vor Leverkusen Meister, dieser eine – am Schluss nicht mehr erwartete – Punkt sicherte die zwischenzeitliche Tabellenführung ab und war extrem wichtig für das finale Meisterschaftsrennen.
Es war übrigens Janckers allererstes Bundesligator für den FC Bayern, in seiner Debütsaison beim FCB sollte dies auch sein einziges in 22 Spielen bleiben. Aber was für eines!
Knapp ein Jahr später machte Jancker sich mit seinem “Torklau” gegen den Löwen-Keeper Bernd Meier endgültig unsterblich bei den Bayernfans, zum Derbyhelden und zum ersten “Fußballgott” der FCB-Fans. Später gab es nur noch einen …
Nach sechs Jahren verließ Jancker 2002 den FCB – u.a. als CL-Sieger und viermaliger Deutscher Meister. Auch seine 48 BL-Tore hinterließen Spuren.
Titelbild: Jancker eingerahmt vom späteren FCB-Spieler Jens Jeremies (1998-2006) und vom früheren FCB-Spieler Manni Bender (1989-92).
Absolut legendär.
Ich war damals auch im Stadion. Wir Roten mussten ziemlich leiden, waren aber am Ende diejenigen die gejubelt haben.
Das Böhme-Tor war unfassbar, das vom “Fußballgott” in der Konstellation noch mehr.