„Ein guter Tag, um Geschichte zu schreiben“ – Europapokalsieger nach 25 Jahren Wartezeit!

Wer hätte nach dem Titel-Hattrick im Europapokal der Landesmeister 1976)* gedacht, dass es ein Vierteljahrhundert dauern würde, bis der FC Bayern wieder auf dem Europäischen Fußball-Thron sitzen würde? Nach der Mutter aller Niederlagen im Champions League Finale 1999 gegen Manchester United im Camp Nou verdienten sich die Bayern diesen Titel durch eine fantastische KO-Spiel-Serie in der Champions League. Gewiss nicht die beste Leistung, aber das Tüpfelchen auf dem i war der dramatische Finalsieg am 23. Mai 2001 in Mailand gegen den FC Valencia nach Elfmeterschießen.

Legendäre Revanchen ebnen den Weg ins San Siro-Stadion

Die Gegner im Viertel- und Halbfinale konnten sicherlich nicht der Rubrik Losglück oder gar dem berühmt-berüchtigten Bayerndusel zugeordnet werden. Bevor die Bayern in Mailand ihr insgesamt siebtes Landesmeistercup/Champions League-Endspiel bestreiten konnten (ohne das Wiederholungsspiel 1974 zu zählen), mussten sie auf dem Weg noch ihre beiden Vorgänger eliminieren.

Im Viertelfinale wurde ManUnited mit einem 2:1-Heimsieg nach einem 1:0-Triumph in Old Trafford ausgeschaltet – und im Halbfinale Real Madrid mit exakt denselben Teilergebnissen.

Gegen die Königlichen mussten die Bayern 2000 noch im Halbfinale unglücklich die Segel streichen, obwohl man sie in den vier Partien der CL-Saison 1999/2000 dreimal besiegt hatte – 4:2 – 4:1 (Abschiedsspiel Lothar Matthäus) – 0:2 – 2:1.

Fehlte den Bayern in jener Saison 2000/01 in der Bundesliga – trotz des Meistertitels https://fcbayerntotal.com/2022/05/19/drama-pur-anderssons-freistoss-4-minuten-meister-s04-das-emotionalste-saisonfinale-aller-zeiten/  – häufig der letzte Wille und die Konzentration, zeigten sie diese Attribute vor allem in jenen vier Partien auf eine bewundernswerte Art und Weise. Spielerisch nicht mehr so brillant wie in Hitzfelds Premierensaison 1998/99 war dies die ganz große Trumpfkarte der Bayern im CL-Frühjahr 2001.

17 Elfmeter beim Final-Triumph über Valencia

Die legendäre Choreografie in der Bayernkurve vor dem Finale

Das Endspiel war spielerisch alles andere als ein Leckerbissen, aber an Dramatik kaum zu überbieten.  Der nicht immer souveräne holländische Schiedsrichter Dick Jol hatte daran seinen Anteil. Nach nicht einmal zwei Minuten zeigte er zum Entsetzen der Bayern zum ersten Mal auf den Elfmeterpunkt. Dem am Boden liegenden Patrick Andersson wurde der Ball – wohl mit Absicht – an den angelegten Arm gespielt. Bei allen seltsamen Handspielregeln der letzten Jahrzehnte gab es wohl keine einzige, die diese SR-Entscheidung rechtfertigen hätte können. Valencias Spielmacher Gaizka Mendieta ließ Oliver Kahn beim Elfmeter nicht die geringste Chance – der FC Valencia führte nach drei Minuten mit 1:0!

Wenige Minuten später hatte Mehmet Scholl die große Ausgleichschance. Stefan Effenberg war im spanischen Strafraum zu Fall gebracht worden – ganz klare Sache: Foulelfmeter. Scholl zeigte jedoch Nerven, ließ sich von den Mätzchen des Valencia-Torwarts  Santiago Cañizares verwirren. Dieser wehrte den mittig und schwach geschossenen Schuss des FCB-Fan-Lieblings mehr als zwei Meter vor der Torlinie mühelos ab.

Die Bayern in der Folgezeit besser, feldüberlegen, allerdings ohne die ganz großen Torchancen zum Ausgleich. So ging es mit 0:1 in die Halbzeitpause. Ottmar Hitzfeld reagierte auf die spanische Defensivtaktik und wechselte offensiv: Carsten Jancker für Willyyyy Sagnol. Nur fünf Minuten nach der Halbzeit machte sich dieser Wechsel schon bezahlt: Jancker erzwang ein Handspiel im gegnerischen Strafraum und Stefan Effenberg machte es wesentlich besser als Scholl zuvor: 1:1.

Das Witzige dabei: Lediglich der von Scholl vergebene Elfmeter war ein ganz klarer, derjenige von Valencia wie schon oben geschildert ein schlechter Witz, der von Jancker erzwungene maximal ein Kann-Elfmeter.

Das Spiel wurde – obwohl die großen Torchancen selten waren – immer dramatischer. Bayern weiterhin überlegen, einen Tick besser, Valencia in Lauerstellung stets gefährlich. Jeder wusste: Der nächste Treffer würde wohl der Spiel-entscheidende sein. Dieses Spielchen ging bis zum Ablauf der regulären Spielzeit so und wurde in der Verlängerung noch extremer. Zu jenem Zeitpunkt gab es noch das sog. „Golden Goal“. Es sollte kein Tor mehr fallen – Elfmeterschießen – und das mit den Vorzeichen aus dem Spiel!

Das dramatische Elfmeterschießen

Das Elfmeterschießen hätte für Bayern nicht schlechter beginnen können: Paulo Sergio schießt gleich den ersten Elfmeter weit über das Tor – Mendieta dagegen verwandelt ein weiteres Mal souverän.

Hasan Salihamidzic und Alexander Zickler machen es in der Folge besser, John Carew leider auch. 2:2 nach fünf Elfmetern.

Dann hält Oliver Kahn gegen Zlatko Zahovic – die Bayern wieder im Spiel! Andersson scheitert jedoch direkt danach ziemlich kläglich an seinen Nerven und Cañizares. Sollte ausgerechnet der Schwede, der die Bayern vier Tage zuvor in Hamburg mit seinem fulminanten Freistoß in letzter Sekunde zur Meisterschaft geschossen hatte, zum tragischen Helden werden? Zuerst den Elfmeter zum 0:1 verschuldet und dann dieses Schüsschen im Elfmeterschießen. Die Cañizares-Mätzchen gab es übrigens vor und bei jedem einzelnen FCB-Versuch.

 Glücklicherweise hält Kahn auch den Elfmeter von Amedeo Carboni – auf fantastische Art und Weise. Der Titan reißt bei dem gewiss nicht schlecht geschossenen scharfen Ball seine rechte Pranke nach oben und drückt das Geschoß an die Unterlatte, von wo der Ball glücklicherweise nach vorne ins Feld springt. Ein fantastischer Reflex!

Anschließend bringt Effenberg die Bayern mit seinem (zweiten) Elfmeter zum ersten Mal in Führung. Der Druck ist nun bei Valencia – Ruben Baraja behält die Nerven: 3:3 im Elfmeterschießen.

Gleiches Spiel bei Bixente Lizarazu und Kily Gonzalez – 4:4.

Die letzten FCB-Elfmeter waren alle brillant. Auch der von Thomas Linke, der souverän zum 5:4 verwandelt.

Dann scheitert der Argentinier Mauricio Pellegrino an den beiden hochgerissenen Fäusten von Oliver Kahn. Die Bayern sind nach unendlichen 25 Fußballjahren wieder Europas Könige, zum ersten Mal als Champions League Sieger.

Der FC Bayern jubelt – Valencia trauert, die zweite Finalniederlage in Folge nach 2000. Den Bayern bleibt dieses Schicksal nach 1999 erspart. Sie sind der verdiente Sieger des Endspiels und des gesamten Wettbewerbs – keine brillante aber eine verschworene Truppe, die jedes Mal bis zur letzten Sekunde fightete.

Die Jubelfeiern am nächsten Nachmittag in München wurden bis heute nicht mehr getoppt.


)* https://fcbayerntotal.com/2022/05/12/der-groesste-tag-der-fcb-geschichte-titel-hattrick-im-europapokal/


Heute auf der offiziellen Homepage des FC Bayern: https://fcbayern.com/de/news/2020/05/bayerns-cl-sieg-2001

Veröffentlicht von fcbayerntotal

Admin und Autor von FC Bayern Total

2 Kommentare zu „„Ein guter Tag, um Geschichte zu schreiben“ – Europapokalsieger nach 25 Jahren Wartezeit!

  1. Lieber Peter,
    an dieser Stelle muss ich mich nochmal ausdrücklich bei Dir bedanken!
    Natürlich für diese wunderbare Geschichte des lang ersehnten vierten Meistercup-Sieges – aber noch viel mehr dafür, dass Du mir damals Deine Karte für das Finale in Mailand überlassen hast. So hast Du mir eines meiner schönsten Fussball-Erlebnisse ermöglicht. Das werde ich Dir niemals vergessen!

    Deine historischen Rückblicke sind jedesmal ein besonderes Schmankerl – ich habe jedesmal große Freude daran!

    Habe die Ehre.

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