Die Entlassung von CEO Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic hatte die Meisterschaft des FC Bayern nahezu brutal überschattet. Nun meldete sich Ehrenpräsident Uli Hoeneß exklusiv im kicker zu Wort und erklärt die Hintergründe aus seiner Perspektive.
Der Ehrenpräsident des FC Bayern verteidigt die Entscheidung, Kahn und Brazzo noch vor dem letzten Meisterschafts-entscheidenden Spiel über ihre Entlassungen zu informieren und dies öffentlich mit Abpfiff der Saison zu kommunizieren. Sie habe nichts mit dem Ausgang der Meisterschaft zu tun. “Wir haben uns stundenlang Gedanken gemacht, auch mit Karl-Heinz Rummenigge, wie wir es den beiden so beibringen, dass nichts hängen bleibt“. Dies auch mit Blick auf die Umstände der Entlassung von Julian Nagelsmann, der davon aus den Medien erfuhr, was intern kritisch gesehen und aufgearbeitet worden sei.
Laut Hoeneß hat der Aufsichtsrat nicht als Ganzes getagt, der Trend zur Entlassung des Duos habe sich aber in vielen Gesprächen der Mitglieder verfestigt, die Entscheidung sei daher früher als ursprünglich geplant getroffen worden. Es sei nur fair gewesen, es Kahn und Salihamidzic so früh wie möglich, am vergangenen Donnerstag, mitzuteilen, um ein Durchsickern wie bei Nagelsmann an die Medien zu verhindern.
Während man sich mit Salihamidzic gütlich einigte, wurde das Gespräch mit Kahn emotional. Hoeneß, der ganz offensichtlich im Aufsichtsrat längst das Kommando vom eigentlichen Vorsitzenden Hainer übernommen hat, bestätigt dessen Ausführungen zu den Ereignissen auf der gestrigen PK: “Es war kein angenehmes Gespräch“. Kahn habe sich in dem Gespräch verbal auf den neuen CEO Jan-Christian Dreesen eingeschossen. (Mit dieser Aussage entlarvt sich Hoeneß allerdings als Maulwurf der Boulevardmedien. Wer den gestrigen DoPa auf Sport1 gesehen und die Ausführungen von Pit Gottschalk mitbekommen hat, erkennt das nun eindeutig).
Ob es ein Fehler war, Kahn überhaupt zum Vorstandsboss zu machen? “Im Nachhinein muss man das so sagen“, gibt Hoeneß zu. “Oliver ist ein hochintelligenter Mann, der Austausch mit ihm macht Spaß. Die große Enttäuschung liegt darin, dass ich gedacht habe, er könnte das Amt qua seiner Persönlichkeit allein ausfüllen, doch er hat sich stattdessen mit seinen Beratern umgeben.… Ich habe großen Respekt vor der Person, als Spieler hat er viel geleistet. Auch wenn er als CEO die Erwartungen nicht erfüllt hat, steht meine Tür für Oliver immer offen.“
Für die Unruhe beim FC Bayern, “die katastrophal schlechte Stimmung” im Klub und zunehmend fehlende Motivation hätten vor allem Kahns Berater im Hintergrund gesorgt. Das Image des FC Bayern habe gelitten, Südkurve und die mächtige Ultra-Vereinigung Schickeria wären an den Verein herangetreten mit der Aufforderung, dass es so nicht weitergehen könne. Wie sich die Zeiten ändern, dass man so eine Erklärung von Uli H. einmal hören würde – unglaublich!
Hoeneß betont in dem kicker-Interview wiederholt, dass die Entscheidung gegen Kahn und Salihamidzic hätte nichts mit dem Ausgang der Meisterschaft zu tun gehabt: “Wir hätten auch bei drei Titeln so gehandelt, die Entscheidung musste so getroffen werden.” Wichtig sei es, nun Ruhe in den Verein zu bekommen. Jan Dreesen kennt den Verein in- und auswendig, ein neuer Mann hätte sich erst wieder ein halbes Jahr einarbeiten müssen.”
Kurze abschließende Bemerkung von FC Bayern Total: Uli Hoeneß liefert im Interview ausschließlich Argumente, warum Kahn gehen musste. Ganz eindeutig war er da federführend. Interessant wären seine Argumente für die Entlassung von Brazzo gewesen, den er ja angeblich lange Zeit protegiert hat. Ist dieser so etwas wie ein Bauernopfer?
Letztendlich gibt dieses Interview sehr viele Einblicke in die Machtverhältnisse im Verein und als aufmerksamer FC Bayern Total Leser bestätigen sich wohl auch die Maulwurf-Verdachtsmomente (nein, der ursprünglich große Maulwurf ist nicht der Uli selbst … aber “Hexenkessel FC Bayern” – wer ist der große “Maulwurf”? – FC Bayern Total )
Übrigens hat die Schickeria tatsächlich ein ziemlich gutes Verhältnis zu Jan-Christian Dreesen.
PS: Es bleibt spannend – wenn in der nächsten Saison beim FCB in der Außendarstellung und sportlich wieder so viel schief geht, wer muss dann nach Nagelsmann, Brazzo & Kahn gehen? Die Hoffnung stirbt aber bekanntermaßen zuletzt. Der FCB hat schon jetzt einen Weltklassetrainer und einen überragenden Spielerkader.
Titelbild: Uli Hoeneß auf der JHV 2019 in der Olympiahalle. An jenem Abend übergab er den Staffelstab an Herbert Hainer und wurde selbst zum 6. Ehrenpräsidenten.