Möchte man als Anhänger des FC Bayern den 26. Mai aufgrund der bitteren Endspielpleiten (1982, 1985, 1999) am liebsten aus dem Kalender streichen, ist der 31. Mai ausschließlich ein Jubeltag in der Vereinsgeschichte. Vier wichtige Titel wurden an diesem Tag gewonnen.
1967 – erster Europapokalsieg
Am 31. Mai 1967 standen die Bayern zum ersten Mal in einem Europapokalendspiel: Im Cup der Pokalsieger traf man in Nürnberg vor knapp 70000 Zuschauern auf die Glasgow Rangers.
Während die Rangers zum damaligen Zeitpunkt bereits 34 Mal Schottischer Meister waren und auch schon europäische Finalluft – 1961 ebenfalls im Europapokal der Pokalsieger – geschnuppert hatten, waren die Bayern absolute Europapokal-Frischlinge. Sie hatten zwar bereits 1962 und 1963 als Oberligist und Zweitligist (Regionalliga Süd) im Intertoto-Cup und im Messepokal gespielt, der Pokalsieger-Wettbewerb der Saison 1966/67 war jedoch der erste richtige Europapokal, für den man sich vorher hatte qualifizieren müssen.
Seit ihrem Bundesliga-Aufstieg im Juni 1965 waren die Bayern so richtig durchgestartet: DFB-Pokal-Sieger 1965/66 und dann gleich bei der ersten richtigen Europapokalteilnahme im Finale. Vor dem Spiel standen in der Trophäensammlung der Münchner eine Meisterschaft (1932) und zwei Pokalsiege (1957, 1966). Schwer zu sagen, ob jenes Europapokalfinale in Nürnberg das bis dato wichtigste Spiel der Vereinsgeschichte war oder doch das Meisterschaftsfinale 1932 gegen Eintracht Frankfurt (2:0), ebenfalls in Nürnberg.
Für die Rangers stand ebenfalls sehr viel auf dem Spiel: Nur sechs Tage zuvor hatte sich der große – man muss leider sagen verhasste – Lokalrivale Celtic Glasgow mit einem 2:1-Endspielsieg gegen Inter Mailand die europäische Fußballkrone aufgesetzt. Nachdem Celtic schon vorher Schottischer Meister und Pokalsieger geworden war, war dies das erste Triple in der europäischen Fußballgeschichte. Die Rangers wollten also unbedingt nachlegen.
Das Endspiel war dann letztendlich eine Schlacht, ein Abnützungskampf, der über 120 Minuten ging.

Der Bayern Coach Zlatko „Tschik“ Cajkovski ließ folgende Elf auflaufen: Sepp Maier – Peter Kupferschmidt; Werner Olk; Franz Beckenbauer; Hans Nowak – Dieter Koulmann; Franz Roth – Dieter Brenninger; Gerd Müller; Rainer Ohlhauser; Rudolf Nafziger.
Gerd Müller ging gehandicapt ins Spiel. Vier Wochen zuvor hatte er sich bei einem Länderspiel gegen Jugoslawien einen doppelten Bruch des Unterarms zugezogen. Er lief mit einer Ledermanschette auf, die vor dem Spiel für viel Diskussionsstoff gesorgt hatte. Nachdem damals noch keine Auswechslungen erlaubt waren, war der Einsatz vom Gerd durchaus ein Risiko – welches sich lohnen sollte. Die Bayernlegende meinte nach dem Spiel selbst, dass er zwar angesichts der harten Bewachung von McKinnon nicht allzu viel zustande bekommen hätte, aber „mein Einsatz war (…) aus psychologischen Gründen für die Mannschaft besonders wichtig.“
Recht hast du gehabt, lieber Gerd. Denn nachdem die Schotten die erste Hälfte beherrscht hatten und die Bayern in der 2. Hälfte die besseren Torchancen besessen hatten, ging es in die Verlängerung, in welcher Franz Bulle Roth mit seinem spektakulären legendären Treffer in der 109. Minute für die Entscheidung sorgte (Titelbild).
Auch hier könnte man nun wieder diskutieren, ob dies nun das wichtigste legendärste Tor der Clubgeschichte war – oder doch weiterhin der von einer Staubwolke begleitete Elfmeterschuss von Oskar „Ossi“ Rohr im Finale von 1932. (Das schöne 2:0 von Franz Krumm ist leider nur sehr wenigen bekannt).
Franz Roths Tor war der Startschuss zu einer Orgie an Raketen und Knallkörpern seitens der zahlreichen FCB-Fans im Stadion. Nach dem Schlusspfiff gab es bei ihnen kein Halten mehr, sie rannten aufs Spielfeld, weitere zahlreiche Böller krachten auch dort. Letztendlich beendete die Mannschaft sogar ihre Ehrenrunde aufgrund der chaotischen Zustände. Zu welchen Emotionen Bayernfans doch fähig sind bzw. waren … 😉
Auch wenn die nachfolgende Saison nicht so erfolgreich war, konnte man jenes Finale dennoch als frühen Startschuss in die vielleicht – zumindest international – erfolgreichste Ära der Vereinsgeschichte bezeichnen.
1980 – nach 6 Jahren endlich wieder Deutscher Meister
Nachdem die Bayern am vorletzten Spieltag der Saison 1979/80 durch einen 3:1-Auswärtssieg im Spitzenspiel beim VfB Stuttgart aufgrund der gleichzeitigen Niederlage des HSV in Leverkusen den Grundstein gelegt hatten, konnten sie am 31. Mai 1980 schon mit einem Unentschieden gegen den Tabellenletzten Eintracht Braunschweig die 6. Meisterschaft der Vereinsgeschichte einfahren.
Paul Breitner (6.) und Kalle Rummenigge (52.) brachten die Bayern schnell auf Meisterkurs, der späte Gegentreffer von Ronny Worm (88.) gegen bereits in Feierlaune kickende Münchner konnte niemanden mehr beunruhigen.
2:1 – die erste Meisterschaft nach 1974 war vollbracht. (Zehn)Tausende Bayernfans feierten mit ihren Helden auf dem Rasen des Olympiastadions.

1984 – Pokalsieger im Elfmeterschießen gegen Borussia Mönchengladbach
An jenen Pokalnachmittag des 31. Mai 1984 im Frankfurter Waldstadion erinnert sich Lothar Matthäus noch heute ungern.
Es war ein Pokalendspiel auf Augenhöhe. Fünf Tage zuvor beendeten die Borussen die Bundesliga auf dem 3. Tabellenplatz, die Bayern als Vierter. Hört sich nicht so besonders spektakulär an, jedoch lohnt sich ein genauerer Blick auf die Abschlusstabelle:
Meister wurde der VfB Stuttgart mit 48:20 Punkten, Vizemeister der HSV – 48:20 Punkte, Dritter Gladbach – ebenfalls 48:20 Punkte, Vierter Bayern – 47:21 Punkte.
Die Bayern waren bis zum 28. Spieltag Tabellenführer, verloren dann mit 2:3 in Bremen (Fünfter der Abschlusstabelle mit 45:23 Punkten!) und zwei Wochen später in Hamburg mit 1:2. Trotzdem war die Meisterschaft bis zum 33. Spieltag immer noch möglich. Jedoch konnte man auch beim BVB, welcher sich damals im unteren Tabellenmittelfeld befand, nicht gewinnen – 1:1, der Dortmunder Ausgleich von Erdal Keser fiel in der 79. Minute. Hätten die Bayern in Dortmund gewonnen, wäre eine Meisterschaft über das Torverhältnis sehr wahrscheinlich gewesen!
Das Pokalendspiel war das letzte Spiel von Loddar für Gladbach vor seinem (ersten) Wechsel nach München. Obwohl die Bayern spielbestimmend waren, gingen die Borussen nach 33 Minuten durch Frank Mill in Führung – der Spielverlauf wurde wie so häufig im Fußball auf den Kopf gestellt. Nach der Halbzeit ein einziger Sturmlauf der Bayern, Gladbachs Keeper Sude machte jedoch das Spiel seines Lebens. Beim Ausgleichtreffer von Wolfgang Dremmler (83.) war er jedoch chancenlos – dieser staubte nach einem Pfostentreffer von Reinhold Mathy zum 1:1 ab.
Es ging in die Verlängerung – diese blieb torlos – Elfmeterschießen. Dieses war das erste Elfmeterschießen in der Finalgeschichte des DFB-Pokals und ebenfalls das erste Elfmeterschießen für die Bayern in einem wichtigen Endspiel.
Lothar Matthäus vergab gleich den ersten Elfmeter für die Borussen – für deren Anhänger jahr(zehnt)elang ein Sabotageakt. „Judas“-Rufe erschallten immer wieder, wenn der Loddar mit den Bayern in Gladbach antrat. Das Interessante dabei: Sein Fehlschuss war keineswegs der final entscheidende, denn auch Klaus Augenthaler vergab seinen – es war der vierte FCB-Elfmeter in diesem grausamen Lotteriespiel. Im achten Durchgang des Elfmeterschießens schoss Norbert Ringels an den Pfosten des von Jean Marie Pfaff gehüteten Bayerntores. Kalle Rummenigge, der selbst in seinem letzten Spiel für den FCB seinen Elfmeter souverän verwandelt hatte, ermutigte seinen jüngeren Bruder Michael sofort nach Ringels Fehlschuss, die Verantwortung für den Bayernsieg zu übernehmen. So geschah es auch – und Michael Rummenigge war in seinem ersten Finale der Held.

Übrigens verschoss Lothar Matthäus auch für die Bayern zweimal in einem Pokalfinale einen Elfmeter: Beim souveränen 5:2 über den VfB 1986 kein Problem. Bitterer sein Fehlschuss im Elfmeterschießen im Endspiel 1999 – dieser bedeutete den Pokalsieg für Werder Bremen!
2003 – souveräner Pokalsieg gegen Kaiserslautern
Selten war ein Pokalfinale früher entschieden als jenes vom 31. Mai 2003.
Die Bayern reisten als souveräner Meister – 16 Punkte Vorsprung auf den Zweiten VfB Stuttgart – an, die Roten Teufel waren dagegen in der abgelaufenen Saison eher im Abstiegskampf beschäftigt. Am Ende hatten sie mit 40 Punkten auf dem 14. Tabellenplatz gerade einmal einen Vorsprung von vier Punkten auf den Absteiger Arminia Bielefeld (16.).
Michael Ballacks Doppelschlag in der 3. und 10. Minute nahm sehr früh jegliche Spannung aus dem Finale. Und fortan taten die Bayern nicht mehr als sie mussten. Claudio Pizarro erhöhte dennoch in der 50. Minute auf 3:0 und nahm der Partie damit noch mehr den Schwung. Ganz offensichtlich hatten die Bayern damals nicht das geringste Interesse daran, Lautern zu deklassieren und zu demoralisieren. So erzielte Miro Klose zehn Minuten vor Schluss sogar noch das 1:3 – Spannung erzeugte auch dieser Abschlusstreffer keine mehr.
Die Bayern gewannen damit nach 1969, 1986 und 2000 das vierte Double ihrer Vereinsgeschichte, das zweite unter Ottmar Hitzfeld.
Beim Spiel ’84 in Frankfurt war damals mein Vater mit dabei. Habe da schon so manches darüber gehört 🙂
Dass Bayern nach 1974 bis 1980 nicht mehr deutscher Meister war, ist allerdings durchaus bemerkenswert. Gerade mit Blick auf die aktuellen Vorstellungen mancher Fans, wonach nur noch das Triple zählt.