Bulle, Franz & Gerd – der erste Europapokalsieg des FC Bayern

Am 31. Mai 1967 standen die Bayern zum ersten Mal in einem Europapokalendspiel: Im Cup der Pokalsieger traf man in Nürnberg vor knapp 70000 Zuschauern auf die Glasgow Rangers. Während die Schotten zum damaligen Zeitpunkt bereits 34 Mal Landesmeister waren und auch schon europäische Finalluft – 1961 ebenfalls im Europapokal der Pokalsieger – geschnuppert hatten, waren die Bayern absolute Europapokal-Frischlinge. Sie hatten zwar bereits 1962 und 1963 als Oberligist und Zweitligist (Regionalliga Süd) im Intertoto-Cup und im Messepokal gespielt, der Pokalsieger-Wettbewerb der Saison 1966/67 war jedoch der erste richtige Europapokal, für den man sich vorher hatte qualifizieren müssen.

Seit ihrem Bundesliga-Aufstieg im Juni 1965 waren die Bayern so richtig durchgestartet: DFB-Pokal-Sieger 1965/66 und dann gleich bei der ersten richtigen Europapokalteilnahme im Finale. Vor dem Spiel standen in der Trophäensammlung der Münchner eine Meisterschaft (1932) und zwei Pokalsiege (1957, 1966). Schwer zu sagen, ob jenes Europapokalfinale in Nürnberg das bis dato wichtigste Spiel der Vereinsgeschichte war oder doch das Meisterschaftsfinale 1932 gegen Eintracht Frankfurt (2:0), ebenfalls in Nürnberg.

Für die Rangers stand ebenfalls sehr viel auf dem Spiel: Nur sechs Tage zuvor hatte sich der große – man muss leider sagen verhasste – Lokalrivale Celtic Glasgow mit einem 2:1-Endspielsieg gegen Inter Mailand die europäische Fußballkrone aufgesetzt. Nachdem Celtic schon vorher Schottischer Meister und Pokalsieger geworden war, war dies das erste Triple in der europäischen Fußballgeschichte. Die Rangers wollten also unbedingt nachlegen.

Das Endspiel war dann letztendlich eine 120-minütige Schlacht, ein Abnützungskampf mit dem besseren Ende für unsere Bayern.

 Der Bayern Coach Zlatko „Tschik“ Cajkovski ließ folgende Elf auflaufen: Sepp Maier – Peter Kupferschmidt; Werner Olk; Franz Beckenbauer; Hans Nowak – Dieter Koulmann; Franz Roth – Dieter Brenninger; Gerd Müller; Rainer Ohlhauser; Rudolf Nafziger.

Gerd Müller, der spätere Bomber der Nation, ging gehandicapt ins Spiel. Vier Wochen zuvor hatte er sich bei einem Länderspiel gegen Jugoslawien einen doppelten Bruch des Unterarms zugezogen. Er lief mit einer Ledermanschette auf, die vor dem Spiel für viel Diskussionsstoff gesorgt hatte. Nachdem damals noch keine Auswechslungen erlaubt waren, war der Einsatz vom Gerd durchaus ein Risiko – welches sich lohnen sollte. Die Bayernlegende meinte nach dem Spiel selbst, dass er zwar angesichts der harten Bewachung von McKinnon nicht allzu viel zustande bekommen hätte, aber „mein Einsatz war (…) aus psychologischen Gründen für die Mannschaft besonders wichtig.“

Recht hast du gehabt, lieber Gerd. Denn nachdem die Schotten die erste Hälfte beherrscht hatten, deine Bayern vor allem dank Franz (Beckenbauer) und Sepp (Maier) hatten dagegen halten können und sie dann in der 2. Hälfte die besseren Torchancen besessen hatten, ging es in die Verlängerung. In dieser sorgte Franz Bulle Roth mit seinem ebenso spektakulären wie legendären Treffer in der 109. Minute für die Entscheidung (Titelbild).

Auch hier könnte man nun wieder diskutieren, ob dies nun das wichtigste legendärste Tor der Clubgeschichte war – oder doch weiterhin der von einer Staubwolke begleitete Elfmeterschuss von Oskar „Ossi“ Rohr im Finale von 1932. (Das schöne 2:0 von Franz Krumm ist leider nur sehr wenigen bekannt).

Ossi Rohrs Elfmeter-Tor im Stadionumlauf der AA als Gemälde verewigt.

Franz Roths Tor war auf alle Fälle der Startschuss zu einer Orgie an Raketen und Knallkörpern seitens der zahlreichen FCB-Fans im Stadion. Nach dem Schlusspfiff gab es bei ihnen kein Halten mehr, sie rannten aufs Spielfeld, weitere zahlreiche Böller krachten auch dort. Letztendlich beendete die Mannschaft sogar ihre Ehrenrunde aufgrund der chaotischen Zustände. Zu welchen Emotionen Bayernfans doch fähig sind bzw. waren … 😉

Ebenfalls Stadionumlauf: Feiernde Bayern – Peter (Kupferschmidt), Bulle und Tschik.

Auch wenn die nachfolgende Saison nicht so erfolgreich war, konnte man jenes Finale dennoch als frühen Startschuss in die vielleicht – zumindest international – erfolgreichste Ära der Vereinsgeschichte bezeichnen.

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