Der Franz schießt seine Bayern zum Pokalsieg: Der Startschuss zur Weltklasse

Am 4. Juni 1966 trafen die Bayern im DFB-Pokalfinale vor 62000 Zuschauern im ausverkauften Frankfurter Waldstadion – davon die Mehrheit auf ihrer Seite – auf den Meidericher SV, welcher sich nur ein halbes Jahr später in MSV Duisburg umbenannte.

Als die Bayern am 26. Juni 1965 mit einem 8:0-Kantersieg bei Tennis Borussia Berlin endlich den Einzug in die Bundesliga geschafft hatten, konnte man nicht im Ansatz ahnen, welche Erfolgsgeschichte folgen würde, die mit jenem Endspiel einen ersten großen Höhepunkt fand.

Es fehlte nicht viel und die Bayern wären schon in ihrer ersten Bundesligasaison Deutscher Meister geworden – am Ende fehlten auf den Deutschen Meister 1966, den TSV 1860 München, gerade einmal drei Pünktchen. Diese wurden u.a. im allerersten Bundesligaspiel der Vereinsgeschichte, am 14. August 1965 im Lokalderby bei den Löwen liegen gelassen. Der spätere Meister gewann sehr glücklich, nicht auch zuletzt aufgrund einiger fragwürdiger Schiedsrichterentscheidungen mit 1:0. Dies hätte aber – auch weil man das Rückspiel im Januar 1966 souverän mit 3:0 gewonnen hatte – keine Rolle gespielt, wären die Bayern nicht im Meisterschaftsendspurt eingebrochen – 2:6 Punkte aus den letzten vier Bundesligapartien.

Den Einzug ins Pokalfinale schafften die Bayern auf spektakuläre Art und Weise. Am 2. Januar 1966 mussten sie ein Qualifikationsspiel gegen den Pokalsieger von 1965, den BVB, spielen  und gewannen nach Toren von Gerd Müller und Rainer Ohlhauser mit 2:0 im Grünwalder Stadion. Die Borussen dagegen vergoldeten ihren Vorjahrespokalsieg mit dem Gewinn des Europapokals der Pokalsieger (2:1 n.V. gegen den FC Liverpool), dem ersten Europapokalsieg eines deutschen Klubs überhaupt. Die Bayern waren dann ein Jahr später auch in diesem Wettbewerb der BVB-Nachfolger – Bulle, Franz & Gerd – der erste Europapokalsieg des FC Bayern – FC Bayern Total

Auch in den nächsten Runden mussten die Bayern Schwerstarbeit verrichten und einen prominenten Ligakonkurrenten nach dem anderen eliminieren – Eintracht Braunschweig, 1. FC Köln, HSV und den 1. FC Nürnberg.

Bayern jugoslawischer Coach Tschik Cajkovski vertraute im Frankfurter Endspiel folgender Mannschaft:  Sepp Maier – Hans Nowak; Werner Olk; Hans Rigotti; Franz Beckenbauer – Peter Kupferschmidt; Rudolf Nafziger – Gerd Müller; Rainer Ohlhauser; Dieter Koulmann; Dieter Brenninger.  Auswechslungen waren damals noch nicht möglich.

Es gibt ein wesentlich schöneres Mannschafts-Farbfoto auf der HP des FCB von diesem Endspiel. Allerdings wurde dabei Rigotti – ganz rechts – abgeschnitten. Unglaublich 😉

Zum bereits oben erwähnten Heimspielvorteil (in Frankfurt!) )* ist in der 75-Jahres-ChronikParade der Meister“ zu lesen: „Die Bayern mussten sich vorkommen wie zu Hause auf Giesings Höhen. Von einem Wald rotweißer Fahnen waren sie begrüßt worden…“  – Herrlich, auch die Anspielung auf die eigene Heimat, speziell im heutigen Kontext 😉

)* Andere Zeiten: Nach 1932 (Meisterschaftsendspiel in Nürnberg gegen Frankfurt) und 1957 (Pokalendspiel in Nürnberg gegen Düsseldorf – Auf Schneeboden: der legendäre erste Pokalsieg des FC Bayern – FC Bayern Total) war auch das dritte große Endspiel der Vereinsgeschichte ein gefühltes Heimspiel. Als Rekordmeister genießt man dieses Privileg heute natürlich nicht mehr, im Gegenteil.

Es war ein Samstagnachmittagsspiel – Anpfiff um 16 Uhr – bei glühender Hitze. Wohl auch deswegen starteten beide Teams verhalten, Tempo und Intensität steigerten sich aber von Minute zu Minute. Die ersten beiden großen Torchancen hatte Gerd Müller, er scheiterte aber am deutschen Nationaltorhüter Manfred Cassius Manglitz (4 Länderspiele von 1965-70; WM-Teilnehmer 1970), der glänzend parierte, auch Rainer Ohlhauser scheiterte an ihm (Foto).

Auch Meiderich hatte Tormöglichkeiten, nutzte die erste große in der 28. Minute: Franz Beckenbauer verlor einen Zweikampf gegen den Duisburger Mittelstürmer Mielke und der schoss unhaltbar für Sepp Maier zum 1:0 für den MSV ein.

Die Bayern geschockt? Keineswegs. Nur drei Minuten später – die Meidericher Fans hatten gerade „So ein Tag, so wunderschön wie heute…“ angestimmt – glich Ohlhauser per Kopfball zum 1:1 aus. Der überragende Manglitz war chancenlos.

Ohlhauser freut sich nach seinem 1:1. Mit ihm Nafziger oder Nowak – schwer zu erkennen. Der spätere Doppeltorschütze Brenninger scheint dagegen mit den Gedanken ganz woanders zu ein …

Mit 1:1 wurden auch die Seiten gewechselt und trotz der brutalen Hitze steigerte sich das rasante Spiel nochmals. Zehn Minuten nach der Pause gingen die Bayern erstmals in diesem Spiel in Führung: Solo von Rudi Nafziger, seine anschließende hohe Flanke wird von Mucki Brenninger überragend verwandelt – 2:1. Die Vorentscheidung? Die Bayernfans auf den Rängen feierten bereits – doch auch sie waren (noch) zu früh dran.

In der 72. Minuten glich der MSV durch einen umstrittenen Foulelfmeter durch Heidemann zum 2:2 aus. Doch wieder hatten die Bayern eine sehr schnelle Antwort. Nach einem Foul an Nafziger bekamen sie selbst einen Elfmeter zugesprochen, viele sprachen damals von einer Konzessionsentscheidung. Nachdem keiner der Spieler hatte schießen wollen, bestimmte der Tschik Brenninger zum Schützen. Eine gute Entscheidung, denn der Mucki verwandelte in der 77. Minute ganz sicher, sein zweiter Treffer an jenem Endspielnachmittag brachte die Bayern abermals – mit 3:2 – in Führung.

Meiderich bäumte sich noch einmal auf. Sepp Maier, der ebenso wie Manglitz einen glänzenden Tag erwischte, musste einen Fallrückzieher von Mielke entschärfen. Und dann kam der Franz …

In der 82. Minute fiel dann die endgültige Entscheidung im Spiel: Beckenbauer schaltete sich in das Angriffspiel ein und erzielte nach einem herrlichen Doppelpass mit Ohlhauser das 4:2. (Titelbild)

In Die Meisterelf von Eberhard Stanjek kann man folgendes Fazit zum Spiel lesen:

„Nach einem dramatischen, großen Endspiel zweier hervorragender Mannschaften erringt Bayern München also zum zweiten Mal nach 1957 den DFB-Pokal. In München haben die Fußballfans erneut Gelegenheit zum Feiern. Nach dem Triumphzug der Löwen … eine Woche später die große Bayern-Schau für den Pokalsieg. München war plötzlich die Hauptstadt des bundesdeutschen Fußballs geworden.“

Fußball-Hauptstadt München: Tschik mit dem Pokal, hinter ihm Olk, Präsident Wilhelm Neudecker (links), Schatzmeister Walter Fembeck rechts.

Veröffentlicht von fcbayerntotal

Admin und Autor von FC Bayern Total

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