Am 14. Juni 1969 konnten die Bayern unter Trainer Branko Zebec ihre großartige Saison mit dem ersten Double der Vereinsgeschichte abrunden. Eine Woche nach der Meisterfeier)* stand man im Pokalfinale im mit 64000 Zuschauern ausverkauften Frankfurter Waldstadion dem FC Schalke 04 gegenüber. Ausgerechnet den Knappen, welche bis zu jenem Zeitpunkt der einzige Verein gewesen waren, dem – 1937 – ein Double im (bundes-)deutschen Fußball gelungen war. Es war das Duell Deutscher Meister gegen beste Rückrundenmannschaft. Die klasse Serie war aus Schalker Sicht auch absolut nötig gewesen, war man doch nach der Hinrunde auf einem Abstiegsplatz (17.) gestanden.
Gerd Müller hatte die Bayern fast im Alleingang ins Finale geschossen: Von sechs Toren in vier Pokalspielen schoss er fünf – das 1:0 in Offenbach in Pokalrunde 1 und jeweils beide Treffer im Viertel- und Halbfinale bei den 2:0-Siegen beim HSV und zuhause gegen den Club. Daneben hatte nur noch Rainer Ohlhauser beim 1:0-Heimsieg im Achtelfinale gegen Arminia Hannover getroffen.
Anders als beim letzten Bundesligaspiel eine Woche zuvor gegen Hannover 96, als die Temperaturen bei strömendem Regen empfindlich kalt gewesen waren, herrschte ausgerechnet beim Saisonfinale, dem Pokalendspiel, mit 35°C eine glühende Hitze.
Branko Zebec ließ gegen Schalke folgende Mannschaft auflaufen: Sepp Maier – Werner Olk; Schorsch Schwarzenbeck; Franz Beckenbauer; Peter Pumm – Helmut Schmidt; Gustl Starek; Franz Roth – Rainer Ohlhauser; Gerd Müller; Dieter Brenninger.
Er ließ sich dabei auch nicht durch taktische Manöver des S04-Coach Rudi Gutendorf beirren. Dazu steht in Parade der Meister:
„Zwar hatte „Hexenmeister“ Rudi Gutendorf geglaubt, die Münchner bei hochsommerlichen Temperaturen aufs Glatteis führen zu können, indem er im letzten Augenblick seine Mannschaft noch einmal bunt durcheinander würfelte. Doch nicht jede Idee des eigenwilligen Schalker Trainers ist eine Überraschung – auch nicht, wenn man Neuser und van Haaren Rückennummern zuteilt, die normalerweise für Abwehrspieler gedacht sind, und Pohlschmidt und Wittkamp die Plätze tauschen lässt. Einer solchen taktischen Bauernfängerei ging eine Mannschaft wie der FC Bayern längst nicht mehr auf den Leim! Dass Senger als Bewacher von Gerd Müller auserkoren war, wusste man ohnehin. Er hätte also getrost statt der Nummer 10 auch den Torwart-Pullover tragen können.“
Herrlich! 😉

Und einen Gerd Müller konnten solche Spielchen sowieso nicht verwirren: Schon nach 14 Minuten sorgte er mit seinem 6. Pokaltreffer für die 1:0-Führung seiner Bayern.

War das Müller-Tor schon ein exzellent vollendetes, war der Schalker Ausgleich durch Pohlschmidt nur fünf Minuten später spektakulär – ein Sonntagsschuss am Samstagnachmittag. Sepp Maier war absolut chancenlos.

Die Bayern ließen sich aber nicht schocken, blieben das überlegene Team mit den besseren Torchancen.


Und in der 35. Minute belohnte wiederum Gerd Müller die Münchner Bemühungen. Aus spitzem Winkel hämmerte er den Ball mit links abermals ins Schalker Tor – das lange Bein der S04-Legende Klaus Fichtel kam wie schon beim ersten Treffer zu spät und Keeper Norbert Nigbur war erneut machtlos.



Die Bayern gingen verdient mit einer 2:1-Führung in die Halbzeitpause und auch nach dem Wechsel änderte sich wenig am Spielgeschehen. Sie dominierten das Spiel, welches aufgrund der hohen Temperaturen und der Tatsache, dass es das letzte Match einer langen kräfteraubenden Saison war, nicht allzu temporeich war. Schalke war nicht in der Lage, einen Gang höher zu schalten. Im Gegenteil – in der 60. Minute wurde den Bayern ein glasklarer Handelfmeter durch Schiedsrichter Fritz verweigert.

Zum Glück rächte sich diese SR-Fehlentscheidung nicht für die überlegenen Bayern, als Schalke kurz vor Spielende doch noch zu einer großen Torchance kam, Beckenbauer aber in höchster Not gegen den Schalker Linksaußen Wittkamp klären konnte. Eine Verlängerung wäre unverdient und aufgrund der tropischen Temperaturen für alle Akteure auf dem Platz eine Qual gewesen.
So brachte es Beckenbauer nach dem Spiel auf den Punkt: „Die (Schalker) waren ja noch mehr fertig als wir.“
Nach dem Schlusspfiff feierten – wie später so oft – nur die Bayern. Und ihre Kondition reichte auch noch aus, um zuerst den Matchwinner Gerd Müller und später den Erfolgstrainer Zebec auf den Schultern über den Frankfurter Rasen zu tragen.




Das erste Double der Vereinsgeschichte war geschafft. Heutzutage wird dieses von vielen FCB-Fans leider fast schon als Selbstverständlichkeit betrachtet. Zur Einordnung: Auf das zweite Double mussten die damals schon erfolgsverwöhnten Bayern satte 17 Jahre (1986) warten – und alle anderen Doubles wurden erst in diesem Jahrtausend erreicht.
Nachdem er mit 30 Toren bereits Torschützenkönig in der Bundesliga geworden war, war der Bomber Gerd Müller mit seinen sieben Pokaltoren im Wettbewerb 1969 – alle Runden wurden von Februar bis Juni ausgetragen – auch maßgeblich am Pokal-Triumph beteiligt. Im Viertelfinale, Halbfinale und Finale traf er jeweils doppelt – einmalig in der DFB-Pokal-Geschichte!
Das Titelbild dieses Beitrags zeigt eine Choreographie aus der Südkurve: Vor dem Spitzenspiel gegen den BVB am 9. November 2019 (4:0) erinnerte die Kurve an die Doublesieger von 1969.
Hierzu noch zwei weitere Fotos:


)* Hierzu auch:
Die erste Schale für Franz, Gerd & Co. in einem kuriosen Meisterschaftsrennen
An den guten Gerd Müller kommt halt keiner ran, nicht mal ein Lewandowski auch wenn er den Rekord geknackt hat, aber ein Gerd Müller war halt einzigartig in seiner Zeit. Ich vermisse seine Art und Weise Fußball zu spielen.
So ist es Anton.
Der Gerd war ein überragender Fußballspieler, Torjäger – aber auch ein großartiger Charakter, maßvoll und bescheiden.
Den ganz großen Müller-Rekord, die 365 BL-Tore (ausschließlich für den FCB!), wird / kann / will Lewandowski nicht mehr knacken …
Nicht zu vergessen: Dieser Endspielsieg war letztendlich auch die Fortsetzung dieser Story
https://fcbayerntotal.com/2022/06/10/1967-mit-einem-40-ueber-uwe-seeler-den-hsv-zum-rekordpokalsieger/
Mit dem 4. Pokalsieg waren die Bayern ab 1969 alleiniger “Rekordpokalsieger” ..
Übrigens ein Grund dafür, warum die Bayern am Saisonende dermaßen “auf dem Zahnfleisch” daher kamen: Sie spielten die gesamte Saison mit ganzen 13 Spielern – 12 Feldspielern – durch.
De facto waren es eigentlich nur 12 Spieler bzw. 11 Feldspieler: Jung machte lediglich 4 BL-Spiele und 1 Pokalspiel.