Kommentar Petersgradmesser
Nach einer aufregenden chaotischen FCB-Saison mit Happy End – ja Leute, eine Deutsche Meisterschaft ist ein Happy End – habe ich das Gefühl, dass uns Bayernfans ein medial begleitet extrem nerviger Transfersommer bevorsteht. Dem Fußball-Romantiker graut es jetzt schon! Obwohl der Verein interessanterweise noch keinen einzigen Spieler offiziell verabschiedet hat, werden vom Boulevard drei Viertel aller Spieler als potenzielle Abgänge betrachtet. Und weil an der Säbener Straße der Maulwurf tief im Erdreich verschwunden scheint, wird bei den Zugängen von Medien- wie Fanseite ausgiebig spekuliert.
Geiz ist geil! Das war irgendwann einmal. Heutzutage scheint es eher so zu sein, dass jeder einigermaßen passable Kicker, bevorzugt aus der englischen Premier League und wahlweise aus der italienischen Serie A, dem in Fußball-Wahnzeiten ein dreistelliges Millionen-Preisschild angeheftet wird, ein interessanter Spieler für den deutschen Rekordmeister sein muss. Es scheint dabei auch völlig egal zu sein, ob beide Seiten aneinander interessiert sind: Kommt der konstruierte Deal nicht zustande, ist das für den FCB ein “Schock”, ein “erneuter Rückschlag“, ein “Transfer-Desaster” oder Schlimmeres …
Dass die Medien im Fußball-Sommerloch fantasievoll sein müssen, ist klar. Aber warum beteiligen sich immer mehr Fans daran. Übrigens nicht nur die Playstation-Generation. Menschen, die im richtigen Leben die Politiker unaufhörlich schelten, weil sie immer weniger Geld zur Verfügung haben, würden für Fußballspieler – ohne mit der Wimper zu zucken – dreistellige Millionenbeträge ausgeben. Und ihnen Jahresgehälter von 20 Millionen Euro aufwärts zahlen, obwohl man gleichzeitig Politiker als überbezahlt kritisiert, die vielleicht 1-2% eines solchen Fußballergehalts kassieren.
Es gibt aber auch noch das andere Extrem: Die Fans, die fordern, dass man den Profikader des FC Bayern massiv mit Campus-Spielern auffüllt. Die Realität sähe so aus: Je konsequenter das geschehen würde umso sicherer würde der Rekordmeister Richtung zweiter Liga marschieren. Würden diese Fans, von welchen die überwiegende Mehrheit den Campus noch nie von innen gesehen haben dürfte, diesen Weg mit ihrem Verein dann gemeinsam beschreiten? Wohl kaum.
Der Wahnsinn tobt.
Meine Lieblingsversion: Die Zeit zurück drehen in den November 2022. Anstelle einer Fußball-WM in Katar wird eine ganz normale Saison 2022/23 nach dem 15. Spieltag mit einer üblichen Winterpause von Mitte Dezember bis Anfang Januar weitergespielt. Leider nicht möglich.
So würde ich mir wünschen, dass der Spielerkader der chaotischen letzten Saison nahezu unverändert zusammen bleibt. Wenige Abgänge, wenige Zugänge, zwei (Laimer und Guerreiro) sind ja schon da. Noch ein Vollblutstürmer. Auf dieser Position hat der FCB – was häufig vergessen wird – eigentlich schon zwei richtig Gute: Choupo, der in seiner besten Phase Lewandowski völlig hat vergessen lassen und das Zukunftsversprechen Mathys Tel. Ich persönlich würde mich über einen Niclas Füllkrug als finanziell sinnvollen Zugang freuen. Und diese nominell so großartige Mannschaft soll die Mentalität der “Finale dahoam Loser” zeigen. Dazu braucht es auch viel Fingerspitzengefühl und Psychologie. Der Teampsychologe wurde kürzlich auch entlassen. Was kostet auf dieser Position Weltklasse?
Im modernen Profi-Fußball hat Romantik immer weniger zu suchen. Aber ein bisschen darf man trotzdem noch träumen. Und wenn sich Fußball-Romantik und Playstation ein wenig mehr die Waage halten würden, könnte das auch schon der Ansatz eines Erfolgskonzepts sein …
Titelbild: “Wir sind aus München. Wir sind die Bayern. Wir sind diejenigen, die immer wieder feiern. Ole ole, ole ole, ole ole ole ole …”