Wie Klaus Augenthaler & Co. zu Helden meiner Kindheit wurden

Gastbeitrag von Christian Waidmann

Geboren 1977, bin ich in der ehemaligen DDR aufgewachsen. Trotzdem habe ich immer den sogenannten Westfußball verfolgt und natürlich habe ich bei Welt- und Europameisterschaften der BRD-Mannschaft die Daumen gedrückt.

Mein erstes Fußballspiel, was ich bewusst erlebt habe, war das DFB-Pokalendspiel 1984. Rummenigges letztes Spiel für den FC Bayern, Udo Lattek, der verschossene Elfmeter von Lothar Matthäus. Ich habe mit den Bayern mitgefiebert. Wohl auch, weil unsere Westverwandtschaft in München wohnte.

Diese brachte mir einmal bei einem Besuch Fußballbücher mit. „Titel, Tore und Triumphe“ von Raimund Hinko, welches 1986 erschienen war und „Die größten Fußballstars aller Zeiten“, wo Geschichten über Fußballweltmeisterschaften erzählt wurden. Ich verschlang diese Bücher regelrecht und habe sie gefühlt hundertmal gelesen.

So habe ich frühzeitig einen Einblick in die Geschichte des FCB erhalten. Ich erfuhr etwas vom Sieg im Europapokal der Pokalsieger 1967. Ich kannte auf einmal Branko Zebec, „Tschick“ Čaikovski, Gerd Müller und wie sie alle hießen. Auch mit Cruzeiro Belo Horizonte und Aston Villa konnte ich nun etwas anfangen.

Zudem erhielt ich hin und wieder Ausgaben vom „Kicker“ und der „tz“, die ich natürlich ebenfalls immer wieder las. Prägend war hier vor allen Dingen der letzte Spieltag der Saison 1985/86 mit dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft gegenüber Werder Bremen.

Wie damals üblich verfolgte ich die Bayernspiele in der Sportschau, wo aber längst nicht alle Bundesligaspiele des Samstags liefen. Bei Europapokalspielen durfte ich meist die 1. Halbzeit schauen. Hier kann ich mich ganz genau an das Halbfinale 1987 im Europapokal der Landesmeister gegen Real Madrid erinnern. Und natürlich an das Finale gegen Porto im gleichen Jahr. Hackentor von Madjer und so. Bekanntlich sollte es im Europapokal noch einige Enttäuschungen geben. Besonders nach dem Belgrad-Spiel 1991 war ich am Boden zerstört. Ich wollte einfach einmal einen Sieg im Landesmeisterwettbewerb miterleben, musste aber noch ganze zehn Jahre darauf warten. Inzwischen habe ich drei Erfolge in der Champions League mitgemacht und ich muss zugeben, dass ich nicht weiß, ob ich eine Finalniederlage 2013 gegen den BVB in Wembley verkraftet hätte. Einige Bayernfans können das sicherlich nachvollziehen.

25 Jahre zuvor hieß der große Widersacher im deutschen Fußball Werder Bremen. Solch eine Fehde wie zwischen Uli Hoeneß und Willi Lemke damals gibt es heute nicht mehr. Es gab den berühmten Klassenkampf in diesen Zeiten. Hier die bescheidenen „armen“ Hanseaten und dort die „reichen“ Bayern. Dabei konnte der FCB in den 1980ern von heutigen finanziellen Verhältnissen nur träumen. So spielten in den damaligen Bayern-Mannschaften Spieler wie Roland Wohlfahrt, Helmut Winklhofer oder Hans Dorfner. Dagegen mussten Ausnahmekönner wie Lothar Matthäus oder Andreas Brehme abgegeben werden. Aber es gab eben auch Jean-Marie Pfaff, Sören Lerby oder Klaus Augenthaler, die Idole meiner Kindheit waren.

1987 schickte ich an die 20 Briefe mit Autogrammwünschen an westliche Fußballstars. Die Adressen hatte ich aus dem „Kicker“. Von lediglich zwei Spielern erhielt ich eine Antwort mit einer Autogrammkarte. Erstaunlicherweise von Diego Maradona aus Neapel und von Klaus Augenthaler. Ihm hatte ich nach Vaterstetten geschrieben.

Damals hätte ich es mir nicht zu träumen gewagt, mal ein Spiel des FC Bayern zu sehen. Das habe ich inzwischen einige Male. Die Bayern waren sogar 1995 bei uns in Weimar. Die Säbener Straße kenne ich jetzt natürlich. Auch die Allianz Arena, doch ich bin eher der Fernsehzuschauerfan und verfolge jede FCB-Partie über Sky, DAZN & Co.

Aber vor sieben Jahren, die Bayern hatten ein Pokalspiel in Jena, hatte ich die Gelegenheit ins Team-Hotel des FCB zu gelangen. So konnte ich Selfies mit Manuel Neuer, Thomas Müller, Robert Lewandowski und anderen machen. Dabei waren die Spieler äußerst sympathisch und sofort bereit ein Foto mit mir zu machen.

Doch gerne erinnere ich mich an die 1980er-Jahre zurück oder sehe mir Spiele bzw. Zusammenfassungen aus dieser Zeit an. Dass ich jedoch ein Autogramm von Diego Maradona und Klaus Augenthaler in DDR-Zeiten bekommen habe, ist erstaunlich. Weil Post aus dem Westen streng kontrolliert wurde.

Veröffentlicht von gastautorfcbtotal

Gastautoren von FC Bayern Total

4 Kommentare zu „Wie Klaus Augenthaler & Co. zu Helden meiner Kindheit wurden

  1. Ich kann diese „West-Ost-Fußball-Gefühlswelt“ nur bestätigen. Von 1970-1989 fuhren wir jedes Jahr mindestens für eine Woche auf Verwandtenbesuch in die DDR in den sogenannten „Osten“. Für viele Westdeutsche ohne Ostverwandten war
    ja die DDR leider „Ausland!“ Viele Ost- verwandte und gewonnene Freunde waren glühende Bayernfans. Wir „schmuggelten“ bei der Einreise des Öfteren Bayernwimpel, Sticker, Bilder oder auch Getränkedosen mit dem Bayernemblem über die Grenze. Die Ost-FCB-Fans dankten es uns.
    Nach 1989 und mit dem Mauerfall ließen die regelmäßigen Besuche nach, finden nur noch sporadisch gegenseitig statt.
    „Eigentlich ist das irgendwie schade. Die engen verwandtschaftlichen Bindungen gingen durch die Wiedervereinigung kurioserweise etwas verloren.

  2. Sehr schön. Mir gefallen solche persönlichen Fangeschichten ausgesprochen gut.
    Jenseits von Triple-Wünschen und 100-Mio-Transfers – das verbindende Menschliche am Fußball.

    Früher mit den Eltern im Urlaub: wenn am Strand einer einen Ball hatte, dann kamen sofort Gruppen zusammen, die sich sprachlich nicht verständigen konnten, aber der Fußball, das Ballspiel machte dies locker möglich. Und jeder wusste am Ende vom anderen, von welchem Verein er Fan war.

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