In seiner Kolumne bei t-online.de äußert sich der ehemalige Bayern-Kapitän Stefan Effenberg ausführlich zur Personalsituation bei seinem Ex-Verein, aber auch zur schwierigen Situation der Nachwuchsspieler, welche häufig von außen falsch eingeschätzt wird.
Gleich zu Beginn seiner Kolumne zitiert der mittlerweile 55-Jährige, der bei seinem erfolgreichen Comeback beim deutschen Rekordmeister 1998 übrigen fast auf den Tag genauso alt war wie der diesjährige FCB-Topzugang Harry Kane, den Ehrenpräsidenten Uli Hoeneß. Dieser hätte es schon vor weit “über zehn Jahren gesagt, und dieser Satz ist heute noch so aktuell wie damals: Der FC Bayern ist kein Ausbildungsklub. Und das werden die Bayern auch nie werden.“
Deswegen kann der CL-Sieger von 2001 (Titelbild) auch den Worten von Thomas Müller nach dem 2:1-Sieg in Gladbach am Samstagabend wenig abgewinnen. Dieser meinte: “Wir wollen ja auch immer ein bisschen Durchlässigkeit von unten, und die gibt es nur, wenn du oben eineinhalb Spots auch mal frei hast. Da müssen die Jungs dann, wenn sie gebraucht werden, auch performen.“
Effenberg sieht eine komplett andere Realität an der Säbener Straße: “Ich glaube, junge Spieler sind gewarnt. Sie haben über die Jahre mitbekommen, dass es für Talente beim FC Bayern ganz, ganz schwer wird, weil der Verein natürlich auch hohe Ansprüche hat. Möglichkeiten bieten sich dir bei anderen Klubs.“
Der Tiger weiter: “Bei Topklubs, die unter Erfolgsdruck stehen, kann das nicht funktionieren. Ein Mathys Tel – den die Bayern zum Glück gehalten haben – braucht Spielzeit, um sich zu einem internationalen Topstürmer zu entwickeln.“
Als warnendes Beispiel sieht Effenberg den 2022 mit großen Vorschusslorbeeren verpflichteten niederländischen (U-)Nationalspieler Ryan Gravenberch: “Es tun sich bei den Bayern tatsächlich noch viele Fragen zu dieser letzten Transferperiode auf: Warum wird ein Ryan Gravenberch nicht gehalten, der für 18,5 Millionen Euro geholt wurde und als großes Talent gilt? Stattdessen darf er zum FC Liverpool wechseln, wo ihn Jürgen Klopp schon in den höchsten Tönen lobt. Der Junge ist 21 Jahre alt – und damit einer genau dieser Spieler, die Müller doch eigentlich gemeint hat. Das ist ein großer Widerspruch. Es ist keine Lösung, einen Spieler auf der Bank zu parken und zu sagen: Wir schauen jetzt mal – dazu ist der sportliche Druck bei einem Klub wie Bayern München einfach zu hoch.“
Der 35-malige deutsche Nationalspieler (1991-98) führt noch ein weiteres aktuelles Beispiel inklusive Worst Case Szenario an:
“Dieser Widerspruch zeigt sich übrigens auch besonders bei Josip Stanišić, der für mehr Spielzeit an Leverkusen verliehen wurde. Das A und O im Umgang mit jungen Spielern ist Vertrauen, das sie dann zurückzahlen können. Wenn ein Gravenberch oder ein Stanišić das aber nicht spürt, dann kann das nur heißen, den Verein zu wechseln. Die größte Geschichte wäre, wenn jetzt Stanišić als Leistungsträger bei Bayer Leverkusen mit den Bayern um die deutsche Meisterschaft kämpft.”
Für die Bedenken des FCB-Chef-Coaches zeigt Effe Verständnis: “Deshalb bin ich auch ein Stück weit bei Bayern-Trainer Thomas Tuchel, der den knappen Kader öffentlich beklagt hat… 23 Spieler umfasst der Kader des FC Bayern aktuell. Das ist in der Tat zu dünn. Du hast drei Wettbewerbe, du hast hochintensive Wochen bis zur Winterpause mit elf englischen Wochen, dazu noch die Abstellungen in den Länderspielpausen, die bei den Bayern traditionell besonders zahlreich sind. Das ist eine extrem hohe Belastung, nicht nur durch die Spiele, sondern auch bereits durch die Reisen. Und: Es besteht immer die große Gefahr, dass Spieler angeschlagen oder sogar verletzt von der Nationalmannschaft zurückkehren. Da ist ein derart knapp bemessener Kader ein Risiko.“
Einen dezenten Seitenhieb verpasst Effenberg dem FCB-CEO Jan-Christian Dreesen, der “Tuchel in diesem Zusammenhang dazu angehalten hat, er müsse nun eben “kreativ” sein. Kreativ hat er schon am Samstag gegen Borussia Mönchengladbach sein müssen, und Konrad Laimer für eine Halbzeit auf die Rechtsverteidigerposition gestellt. Auch wenn das diesmal funktioniert hat: Auf lange Sicht kann das einfach nicht gut gehen.”
Effenberg weiß, von was er spricht. In den letzten 20, 30 Jahren sind nur ganz wenige Nachwuchstalente aus der eigenen Jugend dauerhaft zu den Profis aufgestiegen. Und englische Woche und ihre Folgen kennt er vor allem aus seiner FCB-Phase von 1998 bis 2002 zur Genüge.
Ich gebe da Stefan Effenberg zu 100% recht, es ist sehr schwer sich als junger Spieler einen Platz in der Startelf zu sichern, da kannst du dich anstrengen wie du willst, siehe StanisIc.