Aufgrund der Verletzung von Eric Maxim Choupo-Moting im ersten Vorbereitungsspiel in Rottach-Egern war Mathys Tel in den restlichen Freundschaftsspielen bis zum Supercup und der endgültigen Verpflichtung von Harry Kane der FCB-Mittelstürmer. Er machte seine Sache sehr gut, auch wenn ihm in manchen Situationen Erfahrung und Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor gefehlt hatten. Wer dachte, dass der Kane-Transfer den 18-Jährigen mental zurückwerfen könnte, wurde eines besseren belehrt.
Ganz im Gegenteil: Mathys präsentierte sich bei seinen bisherigen Pflichtspieleinwechslungen hervorragend. Gegen Bremen erzielte er einen Treffer als Joker, gegen Gladbach entschied er das Spiel mit seinem Kopfball zum 2:1 und gegen Leverkusen hätte er mit seinem Assist zum 2:1 ebenfalls beinahe den Sieg herbeigeführt. Sein Standing im Klub steigt stetig.
Als Mathys im Sommer 2022 für mehr als 20 Millionen Euro aus der Ligue 1 zum FC Bayern wechselte, rieben sich die Experten verwundert die Augen. Nicht viele hatten das junge Talent, das bei Stades Rennes kaum nennenswerte Einsatzzeiten hatte sammeln können, auf dem Radar. Das änderte sich rasch, denn bei seinen FCB-Jokereinsätzen deutete der Offensivspieler sehr schnell sein überragendes Talent an. Die erste Saison mit sechs Tore in 600 Pflichtspiel-Minuten lässt sich als Akklimatisierungszeit beschreiben. Der französische U-Nationalspieler (zuletzt U19) lernte, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden, sich an das neue Niveau anzupassen.
Der sympathische Mathys geht dabei sehr professionell und gewissenhaft vor. Er lernt die deutsche Sprache viel schneller als viele seiner französischen Kollegen zuvor, gab schon ein Interview auf deutsch, saugt die Mentalität des FC Bayern sukzessive und vor allem äußerst glaubhaft mehr und mehr auf. Sein Berater lehnte im Sommer sämtliche Leihanfragen ab. Nur der Rekordmeister zähle für Mathys, egal wie hochkarätig die Konkurrenz ist. Der Start in die neue Saison mit zwei Toren, einer Vorlage und noch mehr Zielstrebigkeit als 2022/23 spricht für seine Entscheidung, zumal der Kader dünn besetzt ist und die heißen Wochen erst noch kommen.
Beim Rekordmeister registriert man das mit großem Wohlwollen. Dazu Christoph Freund, der neue FCB-Sportdirektor aus Salzburg, zum kicker: „Er ist ein richtig guter und positiver Typ, der seine Rolle annimmt, in jedem Training lernen will und sich entschieden hat, sich beim FC Bayern durchzubeißen. Mathys ist auf einem richtig guten Weg, er ist ja noch ein ganz junger Bursche. Ich bin sehr happy, dass er beim FC Bayern ist. Und er ist auch sehr happy, dass er bei uns ist“. Auch FCB-Cheftrainer Thomas Tuchel lobt immer wieder die hervorragenden Ansätze des jungen Spielers, der bis 2025 an den Klub gebunden ist.
Aktuell befindet sich Mathys natürlich noch in seinem Reifeprozess. Es funktioniert noch nicht alles, es werden noch vereinzelt falsche Entscheidungen getroffen. Aber das Gefühl, dass der französische Angreifer nach seinen Einwechslungen wie ganz zu Beginn seiner FCB-Zeit „zu viel“ will und die Dinge zu erzwingen versucht, kommt nicht mehr auf. Er hat schon den nächsten Schritt gemacht, indem er geduldig von seinen Teamkollegen gelernt hat. Jetzt scheint Tel bereit zu sein, eine größere Rolle zu übernehmen und vom kleinen Kader und seiner eigenen Flexibilität zu profitieren.
Mathys große Stärke ist seine Vielseitigkeit: Er kann im Sturmzentrum agieren, hängend spielen und auch auf dem Flügel zum Einsatz kommen, wie gegen Leverkusen, als er per doppeltem Übersteiger, gefolgt von einem klugen Querpass, das 2:1 von Leon Goretzka grandios vorbereitete. Kann er dieses Level konservieren, werden sich die Einsatzzeiten automatisch erhöhen. Wichtig ist nun, dass er geduldig bleibt.
Verein, Teamkollegen und Fans freuen sich schon auf die nächsten großen Schritte von Mathys.